Rezension

Etwas (eher) anderes

Spieltrieb - Juli Zeh

Spieltrieb
von Juli Zeh

Der Roman beginnt damit, dass Ada - 15 Jahre alt und wohl hochbegabt - auf eine neue Schule wechseln muss: Ernst-Bloch. Nachdem man sie ein Jahr begleitet hat wie sie sich dort einlebt - oder wie sie es nicht tut - kommt ein weiterer neuer Schüler an: Alev. Zusammen gehen die beiden ihrem “Spieltrieb” nach und (Haupt-)Opfer stellt der Deutschlehrer Herr Smutek dar.

Das Buch beginnt mit einem philosophischen Prolog, der durch seine Form und seinen Inhalt sofort klar stellt, welche Ansprüche der Roman an Leser/innen haben wird:
Verständnis einer “gehobenen” Sprache, oder der Wille, sich dies anzueignen und Offenheit gegenüber Denkanstößen in den Bereichen Politik, Philosophie, Kultur/Gesellschaft, Literatur, Philosophie, Rhetorik und Liebe - um nur die Bereiche aufzuzählen, die mir des öfteren aufgefallen sind. 
Zwar wird vor allem im Bereich der Politik klar, wann das Buch verfasst wurde (es gibt also logischerweise keinen aktuellen Bezug), was jedoch auf keinen Fall als Nachteil gewertet werden sollte. Vor allem die Deutsch-Polnische Beziehung (vor und um 2005) wird hier dargestellt, aber nicht auf eine exzessive Weise, sodass “Politikmuffel” zwar leicht gelangweilt, keinesfalls genervt sein könnten. Das Meiste hält sich in einem Rahmen, der eine solide Hintergrundgeschichte mancher Charaktere erschafft.
Hauptthema ist und bleibt weitestgehend der Alltag in der Schule und, natürlich, das “Spiel”.
Der Schreibstil, teilweise zynisch, ist, wie schon erwähnt, schwer verständlich (viele Fremd-/Fachwörter), was dieses Buch nicht als leichte Lektüre für den Urlaub auszeichnet. Kritisieren muss ich die Tatsache, dass manche Aussagen unvermittelt in indirekter Rede wiedergegeben werden, die man so nicht erwartet und man aus der Bahn geworfen wird. Auch ein Sprung der Erzählperspektive hat diesen Effekt. 
Kapitel sind kurz und bündig, werden zum Ende hin länger und sind thematisch immer eine Einheit. Sie werden von Sätzen/Satzfragmenten/Schlagwörtern in Form einer Überschrift eingeleitet, die teilweise so kryptisch verfasst ist, dass man einfach weiterlesen muss, um herauszufinden, auf was sie sich beziehen.
Die Charaktere sind tief, nicht stereotyp, zu manchen kann man wohl aber einfach keine Bindung aufbauen - ich zumindest nicht. Fast alle bekommen eine elaborierte Hintergrundgeschichte. 
Die Stimmung ist trist, Spannung ist teilweise vorhanden, manchmal geht sie aber im “Eifer des Gefechts” unter. 

Fazit: Mal etwas, was man so nicht immer liest. Definitiv nichts für zwischendurch, da es teilweise sehr anspruchsvoll geschrieben ist, dadurch aber wieder interessant, wenn man auf der Suche nach Nahrung fürs Gehirn ist. Nicht das, was man von einem Roman über Schüler erwartet. Nicht zu empfehlen, wenn man nach einem Buch mit freundlicher, leichter Stimmung sucht.​