Rezension

Etwas über das Ziel hinaus geschossen

Die Selven - Ane Schönyan

Die Selven
von Ane Schönyan

Bewertet mit 3 Sternen

Mit "Die Selven-Schicksal zweier Welten" entführt die Autorin Ane Schönyan uns in das fantastische Levitanien. Aber auch hier ist es wie überall, wo Licht ist, da ist auch Schatten und genauso erging es mir beim Lesen dieser Geschichte. Leider haben mir ein paar Dinge nicht recht gefallen wollen, sodass mein Lesespass etwas zu leiden hatte.

Zum Inhalt:
Die Tierärztin Èlwyn hat keine Ahnung, dass es neben ihrer eigenen Welt noch eine weitere gibt. Nachdem sie erfährt, dass ihre Eltern sie als Findelkind aufgenommen und großgezogen haben, beginnt ihr großes Abenteuer. Ihr Elfenanhänger erwacht zum Leben und schickt sie auf die gefährlichste Reise ihres Lebens. Begleitet von ihrer Schutzelfe Olania muss sie sich auf den Weg machen, um ihren Gegenpart zu finden. Newiyan entpuppt sich als nervtötender Frauenheld, der sich keine Gelegenheit entgehen lässt, sie auf die Palme zu bringen.
 

Gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach Levitanien, dem Reich der Elfenkönigin und dem Ursprung ihrer Wurzeln. Doch sie wissen, dass dort nicht nur Antworten auf sie warten, sondern auch eine dunkle Bedrohung, die beide Welten verschlingen wird, wenn sie es nicht verhindern.

 

Meine Meinung:

Erst einmal möchte ich hier den schönen, flüssigen und mitreißenden Schreibstil Ane Schönyans loben. Der stetige Perspektivwechsel der Reflektorfiguren ist stimmig und sorgt für eine interessante Atmosphäre.

In ihrem Buch nimmt uns Ane Schönyan mit nach Levitanien, das von sechs unterschiedlichen Völkern bewohnt wird. Wir lernen sie bereits in der Vorgeschichte kennen. Und hier ist  schon meinen erster Knackpunkt zufinden. In der Vorgeschichte werden die Völker so rasant und überladen mit Informationen vorgestellt, dass ich mir nicht merken konnte, wie die einzelnen Gruppen aussehen, was sie können und wie sie heißen. Die Autorin wollte hier so viele Informationen wie möglich geben, was für mich leider ins Gegenteil verlief. Nicht schlimm dachte ich, denn sicher werden sie uns nochmal ausführlich vorgestellt, wenn die zwei Hauptprotagonisten auf die Reise gehen, doch leider war dies nicht gänzlich der Fall. Manch einen stört das vielleicht nicht, wird doch die eigene Fantasie angesprochen, doch ich fand es ziemlich mühsam mir bis zum Schluss die einzelnen Aussehen/Fähigkeiten/Namen zuzuordnen. Ich brauche ein gewisses Grundgerüst, dass mir leider durch die geballte und schnelle Vorgeschichte verloren gegangen ist.

Bergauf ging es, als ich Èlwyn kennenlernte. Sie war mir sofort sympathisch, da sie nicht perfekt ist, weder vom Aussehen noch charakterlich, zudem nahm die Autorin hier die Geschwindigkeit raus. Man konnte Èlwyn in Ruhe etwas kennenlernen. Sie ist eine sehr erfrischende Person, die von ihren Fehlern weiß. Auch wenn sie sich schnell damit abfindet eine "Selve" zu sein und fort an eine Schutzelfe an ihrer Seite zu haben, war ihr Missmut und ihre Skepsis durchaus authetisch dargestellt. Olania ist eine bezaubernde kleine Figur. Ihre Annährung zu Èlwyn ist schön dargestellt, obwohl ich nachtragender gewesen wäre, wenn ich jahrelang in einen Karton gesperrt wurden wäre ;).

Newiyan und Nuralie sind ein großartiges Gespann. Sie funktionieren hervorragend zusammen. Anhand der Inhaltsangabe befürchtete ich, dass Newiyan ein arroganter und chauvinistischer Kerl sein würde, der nur Augen für schöne Frauen hat. Doch er konnte mich mit einer Tiefgründigkeit überraschen, die ich nicht erwartet hätte. In ihm schlummert etwas Dunkles und das bekommt Èlwyn durch seine zynische und sarkastische Art immer wieder zu spüren. Die Beiden sind wie Feuer und Wasser ;) und ihre "Beziehung" besteht überwiegend aus Streiterei. Und hier haben wir meinen zweiten Knackpunkt! Zu Anfang bis etwa zur Mitte, waren diese verbalen Auseinandersetzungen interessant und witzig. Sie sorgten für eine gewisse Spannung. Doch im Laufe des Buches wurde es mir einfach zu viel. Die Beiden konnten sich nicht unterhalten ohne zu sticheln oder zu streiten. Jedes Gespräch triefte vor Sarkasmus und Zynismus, sodass ich am Ende ihre Darbietung auf das Niveau "Kindergartenverhalten" stufen musste. Gerade Èlwyn verlor im Laufe der Geschichte ordentlich an meiner Sympathie, da sie mir wie ein hormongesteuerter Teenager vorkam.

Mein dritter Knackpunkt: Die Autorin hat versucht ihrer Geschichte viel Hintergrund zu geben. Das ist sehr löblich, aber für mich war das zu viel des Guten. Der Leser muss bereits mit sechs grundverschiedenen Völkern und einer fantastischen Welt klar kommen und für viel Erklärungen der bevölkerungsspezifischen Unterschiede ist nicht viel Platz. Zudem versucht die Autorin aber auch gesellschaftliche Problematiken mit einzubeziehen, wie z.B. Umweltverschmutzung, Machtmissbrauch, Gewalt....Prinzipiell finde ich das gut, es funktioniert für mich hier nur leider nicht richtig, da alle Themen nur kurz angeschnitten werden, vieles für mich nicht deutlich genug rauskommt. Einige Schnitte sind so abrupt, dass ich nicht recht folgen konnte. Besonders das überaus harte Schicksal von Èlwyns Freundin passte für mich nicht rein. Die Autorin will hier zwar klar stellen, dass auch das auf dem ersten Blick schöne und friedliche Levitanien finstere Seiten hat, aber das Mittel zu Zweck war sehr heftig gewählt.

Dennoch muss ich sagen, dass es Ane Schönyan gelungen ist eine interessante fantasievolle Welt zu schaffen, die es Wert ist zu erkunden. Èlwyn und Newiyan sind zwar anstrengend aber auf ihre Art auch interessant. Zudem gibt es auch Charaktere, die viel Potenzial haben. Man kann gespannt sein auf den zweiten Teil!

FAZIT: Fantasievolle Geschichte mit einer Fülle von neuen Figuren, die man noch nicht so kennt. Eine spannende Reise mit zwei sehr unterschiedlichen Charakteren, die man lieben und hassen kann. Allerdings ist alles einwenig zuviel.