Rezension

Etwas zu ausführlich

Unser kostbares Leben -

Unser kostbares Leben
von Katharina Fuchs

Bewertet mit 4 Sternen

Ich habe das Buch ausgewählt, da ich aufgrund der Motorhaube des Autos auf dem Cover sofort erkannte das es sich um einen historischen Roman handelte.

In der Leseprobe war dann klar das es sich um die Zeit meiner Kindheit und Jugend, die 70/80 er Jahre handelte.

 

Der Sommer 72 veränderte das Leben in dem kleinen Städtchen Mainheim, das von einer Schokoladen- und einer Chemiefabrik beherrscht wurde.

Die Protagonisten der Geschichte sind zu diesem Zeitpunkt zehn Jahre alt und müssen jede/r auf ihre/ seine Art mit der Veränderung klar kommen.

 

Es ist eine sehr politisch geprägte Geschichte. 

 

Da ist zum einen Minka, die Tochter des Bürgermeisters. Sie will auf gar keinen Fall werden wie ihr Vater und rebelliert im Laufe ihrer Jugend gegen alles was kleinbürgerlich erscheint. Aufgrund ihrer großen Tierliebe ist es ihr ein Anliegen mit Tierversuchen Schluss zu machen und auch den Wald und die Tiere dort vor der Umweltverschmutzung zu retten. Noch gut kann ich mich dran erinnern,wie auch bei uns Kröten über eine neu gebaute Straße getragen wurden, damit sie auf dem Weg zum Ablaichen nicht überfahren wurden.

 

Dann ist da noch ihre Freundin Carola, genannt Caro, die im Nachbarhaus wohnt und deren Familie die Schokoladenfabrik gehört. Sie liebt es zu schreiben und gemeinsam mit Minka versucht sie in ihrer Kindheit Tiere vor Tierversuchen zu retten. Ihre Familie ist mit fünf Kindern recht groß und die Mutter geht in ihrem Muttersein voll auf. Als die Kinder langsam flügge werden nehmen sie noch ein vietnamesisches Waisenkind in Pflege.

 

Claire ist ebenso alt wie Caro und teilt sich zunächst mit ihr ein Zimmer. Sie hat, nachdem sie nach ihrer Flucht, bei der sie ihre Mutter verlor und dann ganz auf sich alleine gestellt war, in einem Kinderheim in Mainheim gelebt. Hier hat man schnell erkannt das sie ein aufgewecktes Kind ist und schnell lernt. Doktor Lavalette,die Heimärztin hat ihr dann noch Pillen verabreicht, die ihre Denkfähigkeit unterstützen sollten.

 

Außerdem gab es noch Guy, einen vietnamesischen Jungen im Alter der Mädchen, der bei einem Badeunfall schwer verletzt wurde. Wofür sich Minka jahrelang die Schuld gab.

 

Die Familien Stern und Schönwetter sind Nachbarn und könnten sicherlich nicht unterschiedlicher sein. Das einzige was sie gleich haben ist ihr Drang zur Politik, jedoch sind die einen CDU Wähler und die anderen Anhänger der SPD.

 

In diesem politischen Umfeld werden die beiden Mädchen groß und die Autorin lässt auch die gesamte deutsche Politikgeschichte der 70/80 er Jahre wieder auferstehen. Aber auch viele andere Dinge kamen hier wieder aufs Tablett, die ich nach den ganzen Jahren schon vergessen hatte.

So war der Roman für mich eine Reise in meine eigene Kindheit und Jugend, auch wenn ich mich nicht sonderlich für Politik interessiert habe. Aber natürlich trugen auch wir Taschen mit dem Aufdruck:Jute statt Plastik, oder aßen Toast Hawaii und tranken Bowle, oder kalte Ente. Auch die Anfänge der Grünen waren mir wieder sehr bewusst. Die vielen Demonstrationen, die Hüttendörfer, die Aussteiger, der Protest, die RAF mit ihren Anschlägen.

 

Die Autorin greift viele Themen auf und beleuchtet sie von allen Seiten. Das kleinbürgerliche Leben der Mainheimer wird gehörig durchgekaut. Themen wie Tierversuche und Umweltverschmutzung sowie Medikamentenversuche an Heimkindern haben mich erneut sehr aufgewühlt. Besonders durch die Kaltschnäutzigkeit  wie dieser Dr. Lavalette.

 

Ein Roman der die Zeit vor 50 Jahren nochmal wieder hervor holt. Mir war er allerdings an manchen Stellen zu ausführlich. Da hätte man für meinen Geschmack sicherlich von den über 600 Seiten auch ein bisschen zusammenkürzen können. Deshalb ziehe ich bei meiner Bewertung auch einen Stern ab.