Etwas zu brav
Bewertet mit 3 Sternen
Carina ist sechzehn und anfangs nicht so richtig begeistert von dem Urlaub auf Rhodos, zu dem ihre Eltern sie mitgeschleppt haben. Doch das ändert sich schon bald.
Astrid Melsinger wählt für die Erzählung die Form eines Tagebuchs. Der auffällige Schrifttyp Courier und die Linksbündigkeit des Textes lassen zunächst stutzen. Vielleicht soll hiermit journalistisches Arbeiten assoziiert werden. Ebenso verwirren kann die Unzahl an Fehlern. Handelt es sich um ein Stilmittel, um Authentizität zu bewirken? Die Jugendliche, die sich nicht um die Rechtschreibung kümmert? Das könnte überzeugen, würden nicht an einigen Stellen Schreibweisen auftauchen, die noch aus der Zeit vor der Rechtschreibreform herrühren. Dafür ist unsere Protagonistin definitiv zu jung.
Carina schildert minutiös ihre Erlebnisse und Eindrücke, ihre Gedanken und Gefühle vom ersten Urlaubstag an bis zur Ankunft am heimatlichen Flughafen. Ein runder, übersichtlicher Zeitraum. Übersichtlich ist auch das Geschehen. Sie isst, schläft, schwimmt, ihr klatscht ein Ball an die Schulter - und sie lernt Sophia kennen, die zickige, eingebildete, erlebnishungrige Tochter eines Arbeitskollegen ihres Vaters. Deren Markenzeichen: gewagtes Outfit und Aufmüpfigkeit.
Die Konstellation ist klassisch, beinahe klischeehaft. Auch die weitere Entwicklung und das Ende bergen wenig Überraschendes. Etwas zu brav erscheint Carina, zu reuevoll nach ihrem Fehltritt, als dass sie sich wirklich als Identifikationsfigur für Mädchen dieses Alters eignen würde. Außerdem wird mit großem missionarischen Eifer auf die Lehre hingearbeitet: Missbrauche niemals das Vertrauen deiner Eltern! Was im Prinzip natürlich eine gute und wichtige Aussage ist, aber in dieser Dimension wahrscheinlich eher für das rasche Beiseitelegen der Lektüre denn für die Verinnerlichung der Botschaft sorgen dürfte.
Aufgrund eines leichten, lockeren und linearen Schreibstils lässt sich das Büchlein schnell verputzen. Angenehm und unbeschwert kommt der Inhalt daher und hinterlässt ein wohliges Gefühl heiler Welt bei dem, der es zu genießen weiß.