Rezension

Exzessives Leben in NY

City of Girls - Elizabeth Gilbert

City of Girls
von Elizabeth Gilbert

Bewertet mit 3 Sternen

Vivian Morris führt ein behütetes und sorgenfreies Leben in der Provinz, ihre Ambitionen sind nicht groß, und deshalb wird sie vom College verwiesen. Was tun? Sie kann nicht viel, außer Nähen, das ihr ihre Großmutter beigebracht hat. Die Familie beschließt, Vivian zu ihrer Tante Peg nach NY zu schicken, um ihren Horizont zu erweitern und in der Hoffnung, dass sie dort vielleicht etwas aus sich macht. Tante Peg besitzt in NY ein heruntergekommenes Revue-Theater, wo sich Vivian durch ihr Nähtalent nützlich machen kann. Sie freundet sich mit einer Tänzerin an, und gemeinsam stürzen sie sich jeden Abend in das New Yorker Nachtleben. Dies betreiben sie sehr exzessiv und abseits von allen Moralvorstellungen. Affären und Alkoholmissbrauch bestimmen ihr Leben, sie nennt es Freiheit, ich sehe darin ihre endlose Naivität, die an jeder Realität vorbeischaut. Eines Tages jedoch begeht sie in ihrer grenzenlosen Einfältigkeit einen Fehler, der vieles in Bewegung setzt.
Elizabeth Gilbert lässt nun die alt gewordene Vivian einen Brief schreiben an eine gute Freundin, in dem sie ihr Leben in allen Details beschreibt. Es ist quasi eine Biographie, die wir per Brief präsentiert bekommen.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir, er ist flüssig, detailreich und teilweise humorvoll. Allerdings befinden sich in dem Buch etliche Längen, die man nicht brauchte. Z.B. werden Kostüme und ein neues Theaterstück so intensiv beschrieben, dass man das Ende herbeisehnt. Auch die Vielzahl der ausschweifenden Liebesaffären oder Saufgelage, die beschrieben werden, langweilten auf Dauer.
Die Hauptprotagonistin Vivian wurde mir schon ziemlich schnell unsympathisch, denn sie führt ein oberflächliches Leben ohne tieferen Sinn. Aber sie beschreibt sich selbst mit einem erstaunlich hohen Selbstwertgefühl, das nicht der Realität entspricht. Sie ist sehr selbstgefällig, aber vor Problemen läuft sie einfach davon, da sie nicht bereit ist, Verantwortung zu tragen. Und so sind noch mehrere Charaktere in diesem Buch eitel und arrogant, so dass ich keinen Zugang zu ihnen finden konnte.
Ich hatte von der Beschreibung ausgehend einen anderen Buchinhalt erwartet, ich hatte mir vorgestellt, dass es um Sinnfindung im Leben geht, nachdem Vivian das Elternhaus verlassen hat und dass sie ihre Rolle als Frau in den 40er Jahren richtig versteht und auslebt. Aber hier erleben wir eine junge Frau, die sich gedankenlos der dominierenden Männerwelt dieser Zeit unterordnet.
Interessant fand ich den historischen Hintergrund, die USA angesichts des 2. Weltkriegs, anfängliches Ignorieren und allmähliches Erkennen der realen Situation.
Alles in allem ist mir der Roman gerade mal 3 Sterne wert, wobei ich lange zwischen zwei und drei geschwankt habe.