Rezension

(F)änomenal

F - Daniel Kehlmann

F
von Daniel Kehlmann

Bewertet mit 4 Sternen

Und, was ist es? Ein Kehlmann! Gott sei dank!

"Jahre später, sie waren längst erwachsen und ein jeder verstrickt in sein eigenens Unglück, wusste keiner von Arthur Friedlands Söhnen mehr, wessen Idee es eigentlich gewesen war, an jenem Nachmittag zum Hypnotiseur zu gehen."

 

 

 

 

 

Als ich das erste Mal von "F" hörte und ein wenig über den Inhalt und die Bedeutung des Titels erfuhr, musste ich sofort an William Gaddis denken: "Die Fälschung der Welt" (übrigens ein grandioser Roman, ich werde diesen demnächst wohl auch rezensieren). Fatum(=Schicksal), Fluch(t), Furcht? Wir haben es mit einem komplexen Schicksals- und Familienroman zu tun.

Der Müßiggänger Arthur Friedland besucht (1984) mit seinen drei Söhnen, den Zwillingen Iwan und Eric, sowie derren Halbbruder Martin, die Vorstellung eines Hypnotiseurs. Nach dem Auftritt verschwindet Arthur abrupt und widmet sich folglich bedingungslos seiner Schriftsteller-Karriere.

Die Brüder werden erwachsen und gehen ihrer Wege. Martin sucht einen Sinn für sein Leben und hofft ihn in der Religion zu finden. Er ist esssüchtig und muss leider festellen, dass ihm der erwünschte Gottesglaube versagt bleibt. Iwan nutzt sein künstlerisches Talent letztendlich zur Fälschung von Kunst, welche er auch selbst vertreibt. Eric ist Anlageberater und hat sich schon lange in seinem eigenen Schneeballsystem verfangen (Er akquiriert neue Anleger, zahlt damit vorherige aus und kann durch den scheinbaren Erfolg wiederum neue Kunden gewinnen).

Wen haben wir also hier? Drei wohl, vorsichtig gesagt, moralisch eher fragwürdige Gestalten, Meister der Fälschung. Aber warum sind sie so geworden? Sind sie wirklich schlechte Menschen? Ist diese Einteilung in Gut & Böse so simpel? Oder ist es doch einfach ein unabwendbares Schicksal gewesen?

Das ist (für mein Verständnis) die Frage, der sich Kehlmanns Roman widmet. 
Dabei setzt Kehlmann aber nicht auf philosophische Monologe/Dialoge der Charaktere. Es gibt keinen auktorialen Erzähler, welcher Geschehnisse bewertet und reflexiert. Die Geschichte selbst tut es, und zwar außergewöhnlich gut. Das man hinter dem Text ständig einen schelmisch oder gar ironisch grinsenden Herrn Kehlmann erblickt, tut der Qualität keinen Abbruch. Im Gegenteil, dies ist einfach eine kritische Blickweise, welche der Existenz einen Spiegel vorhält. Und jeder muss hier ehrlich zugeben, manchmal sind die Irrungen & Wirrungen des Lebens schon ein wenig seltsam.

Natürlich sorgt für die Exzellenz des Buches auch Herrn Kehlmanns fantastischer Stil. Mühelos, kühn und stets stimmig fließt "F" dahin. Man lässt sich von der herrschenden Atmosphäre mittreissen, ohne auch nur zurückzuschauen. Völlig gefangen genommen wird man von dieser geschickten Verwebung der Handlungsstränge, den kleinen authentischen Gesten und Menschlichkeiten. Eine wunderbar komponierte und mit viel schriftstellerischem Talent zum Leben erweckte Erzählung.

Es ist elegant, von glänzender Komik und  (ich schreibe das leider in jeder zweiten Rezension!) zutiefst menschlich.