Rezension

Fakten gut in Romanform gewandet.

Sing, wilder Vogel, sing -

Sing, wilder Vogel, sing
von Jacqueline O’Mahony

Bewertet mit 4 Sternen

Das Cover überzeugt durch ein modernes Gemälde einer jungen Frau, die still in gewisser Trotzhaltung den Betrachter ansieht – stellvertretend für die weibliche Hauptfigur Honora aus dem Dorf Doolough an der Westküste Irlands. Durch Alice und ihre mystischen Weissagungen erhält der Roman einen mächtigen Zauber, der besonders auch in dem Symbol des Rotkelchens das Buch wie einen roten Faden durchzieht. Ab 1849 werden ihr Außenseiter-Dasein und das von Honora neben der dortigen großen Hungersnot beschrieben. Aus historischen Quellen ist der Marsch der hungrigen Iren aus diesen abgelegenen Gebieten nach Louisburgh zur Delphi Lodge, einem Jagdhaus, belegt, auch der dramatische Ausgang des Rückweges mit 400 Toten. Die Kolonisierung durch englische Willkür steht am Pranger. Honora mit ihrer Willensstärke, ihrem Mut und Überlebenswillen kämpft gegen willkürliche Gesetze zunächst in Irland an, aber auch in Amerika. Ihr Widerstand gegen Fremdbestimmung steht stellvertretend für den irischen Kampfgeist und Stolz. Ebenso historisch interessant ist die Parallele zu den indigenen Völkern im wilden Westen. Das indigene Volk der Choctaws hatte 1847 den Iren eine Spende aus Solidarität zukommen lassen, aus der eine dauerhafte Verbindung entstand. Denn gerade sechzehn Jahre zuvor hatten sich die Choctaws  auf den Pfad der Tränen begeben und Tausende von ihnen ebenfalls durch Hunger und Krankheiten verloren. Die Themen nach sozialer Gerechtigkeit und Solidarität laden hier zum Nachdenken ein bei der Aufdeckung der vielen Hintergründe durchs Googeln. So wie ein wildes Rotkelchen seine rote Farbe auf der Brust in Gefangenschaft verliert, so spiegelt sich auch Honoras Andersartigkeit wieder: nur in Freiheit entfaltet sich ihr innerstes Wesen.

Manche Zeitsprünge in Kapitelübergängen sind etwas verwirrend. Ansonsten ist viel irische Historie wunderbar in Romanform verpackt.