Rezension

Familiendrama und Zeitgeschichte

Bella Germania - Daniel Speck

Bella Germania
von Daniel Speck

Bewertet mit 4.5 Sternen

Mit "Bella Germania" lässt Daniel Speck die Geschichte der Gastarbeiter in Deutschland lebendig werden, verknüpft mit einem deutsch-italienischen Familiendrama. Und wie man es von anderen historischen Büchern dieser Art kennt, erleben die Protagonisten wesentliche Ereignisse der beschriebenen Zeit hautnah mit.

Im Zentrum steht die Modedesignerin Julia Becker, die gerade den Newcomer-Hauptpreis bei einer Modenschau in Mailand gewonnen hat. Aufgewachsen mit ihrer Mutter und im Glauben, dass ihr Vater tot ist, lernt sie überraschend, dass sie doch noch Familie hat - die auch noch zum Teil, genau wie sie, in München lebt. Das setzt Ereignisse in Gang, nach denen nichts mehr so ist, wie es einmal war...

Ausgehend von Julias Geschichte (2014) entwickelt Daniel Speck das deutsch-italienische Familiendrama, das 1954 in Mailand seinen Anfang nahm. Vinzent Schlewitz, ein junger deutscher Ingenieur, der seine Familie im zweiten Weltkrieg verloren hat, lernt die Sekretärin Guiletta Marconi in den Iso-Werken in Mailand kennen, die er auf Auftrag von BMW besucht, um einen Lizenzvertrag für die Isetta auszuhandeln. Nur ist Guiletta in ihrer sizilianischen Familientradition gefangen und hat nicht den Mut, mit Vinzenz nach Deutschland zu gehen. Das macht dann ihr Zwillingsbruder Giovanni, aus dessen Sicht die Aufnahme der ersten Gastarbeiter beschrieben wird ("Gleis 11 am Münchner Hauptbahnhof war das Ellis Island von Deutschland"). Aber Vinzent kann Guiletta nicht vergessen, und Guiletta Vinzent auch nicht. Und Vinzent stellt sich Julia als ihr Großvater vor.

Die verschiedenen Etappen der Geschichte werden jeweils aus der Sicht verschiedener Protagonisten erzählt - so ist Julias Mutter am Rande auch am deutschen Herbst beteiligt, und Vinzent verkörpert das Wirtschaftswunder. Und dann gibt es ja noch die sizilianische Familie, deren Leben mit viel Lokalkolorit erzählt wird. Und natürlich kommt das italienische Essen hier auch nicht zu kurz, bringt doch Giovanni nach jedem Aufenthalt in Italien reichlich Lebensmittel mit zurück nach München.

Ich empfand den Anfang des Buches als eher langatmig, wurde dann aber relativ schnell in den Bann dieses Familiendramas vor der Geschichte der Gastarbeiter in Deutschland gezogen. Insbesondere Vincenzo, Julias Vater, erhielt im Laufe der Geschichte immer mehr Tiefe.

Damit: klare Empfehlung für alle, die sich für die deutsche Nachkriegsgeschichte interessieren und sich durch ein Familiendram davon nicht abschrecken lassen.