Rezension

Familiengeschichten

Ein Sonntag mit Elena - Fabio Geda

Ein Sonntag mit Elena
von Fabio Geda

Bewertet mit 5 Sternen

Seit Stunden steht er schon in der Küche, der 67jährige verwitwete Ingenieur, um das Mittagessen für seine älteste Tochter Sonia und ihrer Familie zu kochen, als der Anruf kommt - leider sind sie verhindert, eines der Mädchen hat sich den Arm gebrochen. Enttäuscht verlässt er das Haus, um der drohenden Einsamkeit dieses Sonntags zu entfliehen. Seit seine Frau vor einigen Monaten tödlich verunglückte, ist es still um ihn geworden. Sein Sohn Alessandro lebt und arbeitet in Helsinki, seine Tochter Sonia wohnt mit ihrer Familie eine Autostunde entfernt und zu Giulia, seiner zweiten Tochter die ständig in aller Welt auf Reisen ist, hat er keinen Kontakt mehr. So spaziert er zum nahegelegenen Skatepark, wo ein etwa 11jähriger Junge auf seinem Board in der Halfpipe seine Übungen macht. Bei einem Sturz des Jungen kommt er mit dessen Mutter, die sich als Elena vorstellt, ins Gespräch. Seit ihr Mann verstorben ist, erfährt er, erzieht sie ihren Sohn Gaston alleine. Auch sie ist einsam. Kurzerhand lädt er die beiden zum Essen zu sich nach Hause ein. Eine flüchtige Begegnung und ein Entschluss, der das Leben dieser Menschen in ferner Zukunft nachhaltig verändern wird … 

Der italienische Schriftsteller und Journalist Fabio Geda wurde 1972 in Turin geboren. Er studierte Kommunikationswissenschaften, schrieb für Zeitungen und arbeitete als Lehrer im sozialen Bereich, ehe er mit seinem zweiten Roman „Im Meer schwimmen Krokodile“, der auch in Deutschland auf den Bestsellerlisten stand, bekannt wurde. „Ein Sonntag mit Elena“ („Una Domenica“) ist der neueste Roman des Autors, der am 17.08.2020 im Hanser-Verlag München erscheint.

Anders als vielleicht erwartet steht nicht dieser eine Sonntag im Mittelpunkt des Geschehens, sondern das Leben des Protagonisten mit seiner Familie vor und, gegen Ende der Geschichte, auch nach diesem Sonntag. Der Autor lässt Giulia, die zweite Tochter des Protagonisten, die Ereignisse erzählen. Wir erfahren von ihrem derzeitigen Zerwürfnis mit dem Vater, wie es dazu kam und erleben, wie sie sich allmählich wieder annähern. Wir lernen nach und nach auch die anderen Familienmitglieder kennen und können an ihrem Leben teilhaben. Dass der besagte Sonntag jedoch für die Beteiligten eine entscheidende Bedeutung hatte, merkt der Leser erst am Ende des Buches.

Eine beschauliche Geschichte ohne aufregende Ereignisse, dennoch interessant zu lesen. Es passiert wenig und gleichzeitig sehr viel. Der Schreibstil ist äußerst ausdrucksstark und dabei harmonisch und in angenehm ruhigem Plauderton gehalten. Es werden mannigfache Probleme des Zusammenlebens behandelt, was den Leser oft innehalten und das eigene Leben reflektieren lässt. Die Grundstimmung ist eher etwas schwermütig, wird jedoch zum Schluss hin freundlicher und hoffnungsvoller.

Fazit: Ein intelligentes kleines Buch über das Leben mit all seinen Facetten – ich habe es sehr gerne gelesen.