Rezension

Familienschicksal

Jahre aus Seide - Ulrike Renk

Jahre aus Seide
von Ulrike Renk

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ulrike Renks Familiensagas basieren häufig auf einer wahren Begebenheit. Das macht ihre Romane meist besonders intensiv. In ihrem neuen Buch „Jahre aus Seide“ ist es das Schicksal der jüdischen Krefelder Familie Meyer. Karl und Magda Meyer und ihre beiden Töchter Ruth und Ilse leben ein harmonisches Familienleben. Nach den schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg geht es wirtschaftlich aufwärts. Man baut ein neues Haus in bester Krefelder Lage und die Zukunft verspricht wirklich Jahre aus Seide. Doch am Horizont ziehen bereits dunkle Wolken auf.

Sehr intensiv beschreibt die Autorin wie der Alltag der Familie immer häufiger durch das Erstarken der neuen Partei eingeschränkt wird. Erst nur durch gehässige Bemerkungen und Einschränkungen im kulturellen Leben, aber immer schneller dreht sich die Spirale der Gewalt. Die Meyers die sich als assimilierte Juden in erster Linie als Deutsche fühlen, die Synagoge höchstens zu den Feiertagen besuchen und auch keine koschere Küche pflegt, hoffen – wie viele andere auch – das dieser Spuk bald vorüber ist. Aber auch sie können die Augen nicht länger verschließen und denken über eine Auswanderung nach.

Dieser Teil der Geschichte hat mich sehr berührt, es ist oft das Alltagsleben ganz gewöhnlicher Leute, die die Gräuel der Nazis besonders deutlich machen. Deshalb hat mich das Buch auch erst in der letzten Hälfte richtig angesprochen.

Der erste Teil beschreibt sehr ausführlich und oft auch mit vielen netten, aber letztlich nichtssagenden Details das Leben einer erfolgreichen Familie. Dem harmonischen Familienleben wird viel Platz eingeräumt. Da wird ein Idyll geschildert, mit einer liebevollen Umwelt und Eltern. Das Hauptaugenmerk in diesem Buch, das als Beginn einer Trilogie angekündigt ist, liegt auf der älteren Tochter Ruth. Ein Mädchen, das oft allzu altklug dargestellt wird. Schon als 4-5 Jährige spricht sie druckreif und reflektiert. Selbst wenn ich berücksichtige, dass Ruth meist nur Erwachsenen Umgang hat, wirkt das aufgesetzt und unecht. Wir lesen von ihrer Kinderzeit, den Freundschaften mit den Nachbarskindern, von den ersten Schuljahren und später den Jahren auf dem Lyzeum, von den ersten schwärmerischen Verliebtheiten.

Da „Jahre aus Seide“ der erste Band ist, werden natürlich viele Personen und Handlungsstränge eingeführt, deren weitere Entwicklung offen bleibt und die wahrscheinlich erst wieder in der Fortsetzung aufgegriffen werden. Das ist zwar verständlich, hat mich aber trotzdem gestört.

Gestört haben mich auch die vielen Druckfehler im Buch. Es gab eine Namensverwechslung und Sätze, die durch seltsame Satzstellung oder Wortverwechslungen sinnlos scheinen. Ich finde, das darf einem aufmerksamen Lektorat in einem renommierten Verlag nicht passieren.

Ich lese die Bücher der Autorin ausgesprochen gern und die Australien- und die Ostpreußensaga habe ich verschlungen. Deshalb bin ich enttäuscht, dass mich die Geschichte einfach nicht zu fesseln vermochte.