Rezension

Fanatismus führt zu Entfremdung

Das Verschwinden des Philip S. - Ulrike Edschmid

Das Verschwinden des Philip S.
von Ulrike Edschmid

Bewertet mit 4 Sternen

Ein kleines schmales Büchlein, das es in sich hat. Und zwar die Geschichte des Philip S., die Geschichte seines Auftauchens im Leben der Ulrike und seinem langsamen, aber sicherem Verschwinden. Es beginnt mit dem Ende, dem Ende des Philip S., erschossen auf einem Kölner Parkplatz. Das Ende eines Menschen bildet so in diesem Roman den Anfang der Geschichte.

Roman ist vielleicht ein bisschen übertrieben, denn es handelt sich hier immerhin um ein mehr als autobiografisches Buch. Ulrike Edschmid erzählt hier von Ihrer Zeit in Berlin, wo Sie als Studentin den jungen, gerade erst aus der Schweiz zugezogenen Philip S. kennenlernt. Schnell sind die beiden ein Paar. Doch dies ist keine reine Liebesgeschichte!

Immerhin ist dies das Deutschland am Ende der 60er Jahre, auch bekannt als die 68er. So ziemlich jeder ist in dieser Zeit stark politisiert, vor allem aber natürlich die Studenten, die nachgewachsene Generation, von denen viele sich die Frage stellen, was denn ihre Eltern und Großeltern so während des Krieges getan haben.

Und politisiert geht bei so manchem auch schnell in die Richtung fanatisiert. Bei Philip dauert es ein bisschen, aber doch entfernt er sich immer weiter von seinen Freunden (zumindest denen, die nicht in die extremen Ecken abdriften) und so auch von seiner Lebensgefährtin Ulrike.
Von diesem sich entfernen, diesem stetigen, unaufhaltsamen Verschwinden aus ihrem Leben erzählt Ulrike Edschmid auf sehr eindrückliche Art und Weise. Besonders, wenn man sich etwas (oder mehr) für diese Zeit und die politischen Aspekte und Probleme der damaligen Gesellschaft interessiert, ist dieses Buch sicher eine Bereicherung. Die Erzählperspektive tut ihr Übriges dazu, eine derart nahe, beinahe involvierte Sicht fesselt und überzeugt ungemein.

Ich Sachen deutscher Geschichte und Problemkapiteln wie der RAF auf jeden Fall ein bereicherndes Buch und ein Kontrapunkt zum ewigen Stefan Aust.