Rezension

Fantasievoll und kreativ, aber auch hektisch und fast schon chaotisch

Fürimmerhaus -

Fürimmerhaus
von Kai Meyer

Bewertet mit 3 Sternen

Kai Meyer begleitet mich schon fast mein gesamtes Lese-Leben. Angefangen mit den Wellenreitern bis hin zu seinen neuesten Werken. Neben Cornelia Funke ist er einer der wenigen deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren, die ich so lange schon aktiv verfolge.
Deswegen habe ich mich sehr darüber gefreut, in „Fürimmerhaus“ endlich wieder in eine fantastische Geschichte abtauchen zu können. 

Nach dem Lesen des Klappentextes hatte ich gleich die Welt von Piranesi, geschrieben von Susanna Clarke, vor Augen. Ein Gefühl, das sich im Laufe der Lektüre noch verstärkte. Ähnlich wie bei Piranesi ist auch das Fürimmerhaus ein Ort endloser Räume, Wege und Schauplätze. Während ich es bei Piranesi sehr genoss, dem sich langsam entfaltenden World Building zu folgen, kam es mir beim Fürimmerhaus so vor, als würde sich zu viel Fantasie und Ideenreichtum auf zu wenige Seiten quetschen wollen. Das Fürimmerhaus ist ein ganz zauberhafter Ort, dem ein wenig mehr Ruhe und Zeit, um sich in all seiner Kreativität gänzlich entfalten zu können, leider fehlte. 
Eigentlich gibt es so viele fantastische und neuartige Dinge zu entdecken, aber jedes Mal, wenn ich meine Aufmerksamkeit diesen Dingen zuwenden wollte, raste die Handlung in einem Tempo weiter, dass es schlicht unmöglich war. Als würde man bei einer Zugfahrt aus dem Fenster blicken, aber sobald man ein Detail ins Auge fasst, ist der Zug auch schon wieder vorbeigerast und es ist unmöglich, dieses Detail noch einmal sehen zu können.

Ich bedaure es sehr, aber leider hat mir das Buch nicht so außerordentlich gut gefallen, wie ich es zu Beginn erwartet hatte. Wie ein wirklich ferner Beobachter fühlte ich mich die gesamte Handlung hindurch, nicht wie ein Leser, der unmittelbar beim Geschehen dabei ist. Da man als Leser mit Carter zusammen unmittelbar in die Handlung geworfen wird und es kaum Zeit gibt, sich zu orientieren und zurecht zu finden, habe ich leider nie eine richtige Bindung zu den Charakteren aufbauen können.
Sehr viele Fragen werden zu Beginn der Handlung aufgeworfen und erst zum Ende hin lösen sich die Knoten auf. 
Die Charaktere bleiben dadurch fremd, was sehr schade ist, da die Geschichten rund um sie eigentlich so viel versprechend sind. An sich bin ich überhaupt kein Fan davon, wenn Handlungen künstlich in die Länge gezogen werden, um unbedingt mehrere Bände publizieren zu können. Doch bei Fürimmerhaus wirkt es wie das genaue Gegenteil – eine für mehrere Bücher geplante Geschichte wird so zurechtgestutzt, dass ein Werk entsteht. Dazu muss jedoch angemerkt werden, dass ich mir nicht sicher bin, ob Fürimmerhaus ein Einzelband ist. Leider habe ich dazu keine weiteren Informationen gefunden. 

Bis auf das zu hektische, fast schon chaotische Tempo hat mir der Plot relativ gut gefallen. Die Auflösung am Ende war zwar sehr vorhersehbar und dadurch wenig spannend, aber das restliche Buch über bin in den Charakteren gerne gefolgt und habe mir meine Gedanken zur Handlung gemacht.

Simon Jäger, Sprecher des Hörbuchs, passt ganz fantastisch zu der Geschichte. Ich mag seine Art und Weise der Ver- und Betonung sehr und er schaffte durch seine Stimme eine wirklich spannende Atmosphäre.

Es ist wirklich schade, denn sowohl das Setting als auch der Plot gefallen mir an sich unheimlich gut. Leider ergeben sich mit Handlung und Charakteren einfach kein stimmiges Gesamtbild. Für mich ist eine 3-Sterne-Bewertung keine schlechte Bewertung, aber ich hatte so sehr gehofft, in Fürimmerhaus ein Jahreshighlight zu finden.