Rezension

Fantasymärchen der besonderen Art

Licht und Schatten
von Zoran Drvenkar

Bewertet mit 4.5 Sternen

Worum geht es?

Sibirien 1704. In einem kleinen Dorf wird ein Mädchen geboren – ein Mädchen, auf das schon viele so lange gewartet haben, - einige mit Freude und Hoffnung, andere jedoch lauern seit langer Zeit in der Finsternis und warten darauf die Seele der kleinen Vida zu stehlen.
Nach dem Tod ihrer Mutter wächst Vida unbekümmert bei ihrem Vater und ihren drei Tanten auf. Sie lernt die Welt mit offenem Herzen zu sehen und wird von ihren Tanten in jeglichen Wissensdisziplinen unterrichtet. Sie ist neugierig, lebensfroh und hat einen starken Willen. Als jedoch eines Tages der Architekt der Zeit sie findet, wird das Leben für die gefährlich, denn mit dieser Begegnung ist es für die dunkeln Mächte nun endlich möglich, Vida aufzuspüren – und sie haben schon so lange nach diesem Mädchen gesucht. 

Zum Buch:

Der Erzähler Aren nimmt uns mit in eine grandiose Welt, eine Mischung aus Fantastik und Märchen, durchzogen vom russischen Flair. Da der Roman in Sibirien spielt, finden sich immer wieder Bezüge zur russischen Geschichte und Kultur, was mir besonders gut gefallen hat.
Vida ist mit ihrem Wissensdurst, ihrer unbändigen Charakterstärke und ihrem Mut eine sympathische Figur, die trotz ihres jungen Alters sehr weise wirkt. Ebenso zeichnen sich die anderen Figuren durch Besonderheiten aus, doch keiner hat diese furchtlose Ausstrahlung wie Vida.
Obwohl der Erzählstil etwas gewöhnungsbedürftig empfunden werden mag, ist der Roman wie ein exotischer Tee, dessen hervorragender Geschmack sich mit der Zeit entfaltet und in exquisiten Erzählpassagen mündet. So erzählt „Licht und Schatten“ vom klassischen Kampf zwischen Gut und Böse und beinhaltet eine dermaßen epische und gigantische Hintergrundgeschichte, dass sie fast schon zu mächtig wirkt, um sie in der Kürze der Zeit richtig fassen zu können. So erlebte ich gefühlvolle Momente, berührend und mitreißend, traurig poetisch, gleichzeitig jedoch laut und intensiv, gewaltig und gewaltvoll. Einige Szenen waren dermaßen unheimlich und teilweise eklig, dass selbst einem erwachsenen Leser ein Schauer über den Rücken laufen kann.
Obwohl „Licht und Schatten“ als Jugendbuch betitelt wird, ist der Roman aufgrund einiger brutalen und düsteren Elemente mehr für älteres Publikum geeignet. Das Buch hat mich durchweg überzeugt, lediglich das Ende konnte der Gesamtheit des Romans nicht ebenbürtig werden. Es ist ein akzeptables Ende, aber es ist auch ein Ende, das Fragen offen lässt und dadurch Möglichkeiten einer Fortsetzung aufwirft.
„Licht und Schatten“ hat eine eigene, besondere Note: es ist mystisch, aber auch philosophisch angehaucht. In seiner Vielfalt ist es kein Roman, den man in einem Zug durchlesen, sondern eher als einen besonderen Leckerbissen genießen sollte.

Fazit: Ein besonderes Fantasymärchen mit grandioser Sprache, aber einem eher schwächelnden Ende. Von mir gibt es 4,5/5 Sterne.