Rezension

Fastfood für anspruchsvollere Leser

Hier sind Löwen - Katerina Poladjan

Hier sind Löwen
von Katerina Poladjan

Bewertet mit 2 Sternen

Man kennt sie zur Genüge, diese Familiengeschichten, wo sich eine junge Schöne mit einem Foto auf die Reise begibt, um das Familiengeheimnis zu lüften, die Suche nach den eigenen Wurzeln, „die Lücke schließen“, nur auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis hätte ich so etwas nicht erwartet.

Sie heißt Helene und ist Restauratorin. Als es sie beruflich nach Armenien verschlägt, packt sie die Gelegenheit beim Schopfe und ein Familienfoto in den Koffer. Sie müsste armenische Verwandte haben. Da muss doch jemand zu finden sein.

Man lernt ein bisschen über das Buchbinderhandwerk und den Zauber alter Bücher. Die antike Familienbibel, die Helene restaurieren soll, hat eine lange Geschichte, auf die Randnotizen hinweisen. In kurzen Einschüben wird sehr hübsch ein Stückchen der Geschichte dieser Bibel erzählt, wo zwei armenische Kinder nach einem Überfall auf ihr Dorf nichts als ihr Leben und ein Buch retten können. Das hat mir gefallen. 

Ansonsten hält das Geschehen alles, was Familiensuchebücher gemeinhin versprechen. Schnell bekommen wir die Liebelei mit dem geheimnisvollen Fremden geliefert (er ist Musiker, da muss man doch schwach werden!), hilfreiche Menschen sind überall, Feste werden gefeiert, auch ein Fernsehauftritt würde möglich gemacht, Helene muss nur mit dem Finger schnippen.

Im Grunde ist diese Suche ganz egal, zumal sie weder Helene noch ihre Mutter sehr zu interessieren scheint. Sie ist nur ein Anlass, die Gegend zu bereisen, mit unterschiedlichsten Menschen zu reden, um die Situation in Armenien von allen Seiten zu beleuchten. Das ist ein nobles Ansinnen, nur keine gute Geschichte. Sie dient nur als Gerüst, eine hehre Botschaft zu transportieren, die weder trifft noch deutlich wird.

Dieses wirklich simple Strickmuster wird gut versteckt in einem sehr elaborierten Erzählstil, der poetisch ist, oft auch atmosphärisch, zu großen Teilen aber sperrig. Die Dialoge sind nervtötend, weil entweder jemand mit seinem humanistischen Wissen prahlt oder man kunstvoll aneinander vorbeiredet. Hier wird es zum Stilmittel erhoben, das Thema zu wechseln oder nicht zuzuhören. Das hat für mich eher zweifelhaften Charme und macht die Figuren hölzern und unglaubwürdig.

„Hier sind Löwen“ liest sich leicht, auch wenn die Sprache unbequem ist. Es ist der Versuch, ein ernstes Thema unterhaltsam an den Leser zu bringen und zwar mit billigen Mitteln. Das ist Fastfood für anspruchsvollere Leser, aber kein großer Wurf. 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 16. September 2019 um 18:43

Fastfood. Haha, was sagen nur die dazu, die 5 Sterne verliehen haben.