Rezension

Faszinierendes Horrormeisterwerk, das auf voller Linie überzeugen und in seinen Bann ziehen kann.

Es - Das Buch zum Film - Stephen King

Es - Das Buch zum Film
von Stephen King

Wohl einer der berühmtesten Vertreter der Horrorliteratur gerät derzeit durch die zweigeteilte Neuverfilmung stark in das öffentliche Interesse zurück: Mit dem über fünfzehnhundert Seiten starken Roman „Es“ liefert der US-amerikanische Autor Stephen King ein schon durch die Wucht seines Umfangs beeindruckendes Werk, das sich verschiedener Genres geschickt bedient und eine fesselnde, rasante Handlung zu erzählen versteht. Einige Leseeindrücke, die ich bei der genannten Lektüre gewinnen durfte, möchte ich im Folgenden unterbreiten.

 

Erzähltechnisch zieht King hier, buchstäblich seinem Namen Ehre bereitend, alle Register: Hervorstechend ist ganz besonders die Strategie, mit der er seine umfangreiche Geschichte strukturiert und den Lesern präsentiert. Geschickt verknüpft er mehrere Zeitebenen miteinander und lässt so Handlungsstränge parallel nebeneinander laufen. Mit verblüffender Leichtigkeit weist er die Repetition des Geschehens in der Kleinstadt Derry auf und vermischt diese Fronten.

 

Seine Hauptfiguren, allen voran Bill Denbrough, etabliert er auf eindrückliche Art und Weise, indem er dem Leser in der Lektüre das tiefere Eintauchen in die Gefühls- und Fantasiewelt und Einblicke in deren größte Ängste ermöglicht. Dafür passt er den Charakteren seinen Schreibstil an und skizziert deren innere Handlung und soziales Milieu. Teilweise bedient er sich für meinen Geschmack einer zu vulgären Ausdrucksweise, mit der er unter allen Umständen schockieren will. Das wahre Grauen jedoch schafft er durch unvorhersehbaren Abwechslungsreichtum und grausige Ideen, die er auf die Seiten bannt. Durch ausschweifende Gesten und einer undurchdringlichen Ruhe beim Schreiben, für die King jedoch häufig kritisiert wird, kann ebenfalls ein spannender Einblick in das Innenleben der Nebenfiguren gewonnen werden. Das namenlose Böse, hier als Es betitelt, ist nicht der einzige Antagonist; King hält vielmehr ein überschwängliches Plädoyer über den Menschen als sein eigener Feind. Motivisch hierfür benutzt er dafür Tabuthemen wie impulsive Gewaltausübung, sei es aus frauenunterdrückenden, homophoben oder rassistischen Gründen – und entwirft somit ein glaubwürdiges Gleichnis der damaligen sozialen Umstände.

 

In „Es“ wartet King mit einem atmosphärisch äußerst dichten Szenario auf, das aufgrund seiner schieren Länge über einen längeren Zeitraum hinweg, einer guten Serie gleich, begleitet und fesselt. Der Autor wühlt tief und bedient sich vielschichtiger Genre. So ist vorliegende Lektüre keineswegs „bloß“ der Horrorliteratur zuzuordnen; vielmehr erzählt sie eine mitreißende und herzerwärmende Freundschaftsgeschichte, die durch eben diese grauenvollen Umstände besiegelt wird. Die Charaktere durchschreiten zusammen authentische Entwicklungen durch. Man kommt hier zu einem versöhnlichen, zufriedenstellenden Ende mit einigen berührenden, fast nostalgischen Endsequenzen, das eine rundum außergewöhnliche Geschichte abschließt.

 

Die Lobhudelei abschließend, ist auf der Contra-Seite nur wenig anzubringen: Die Antwort auf die letztendliche Frage, was Es ist, befriedigt mich persönlich nicht hundertprozentig: Zwar kann auch hier ein interessanter Einblick gewonnen und die Perspektiven gewechselt werden, doch hätte ich mir klarere Ecken und Kanten in der Auflösung gewünscht. Zudem, aber das ist bei einer Geschichte dieses Umfangs nicht weiter verwunderlich, erscheint die Handlung über einige Strecken gesehen etwas überraschungskarg und ist gegen Ende hin etwas stockend oder nur träge voranschreitend.

 

Fazit:

„Es“ ist ein faszinierendes Horrormeisterwerk, das auf voller Linie überzeugen und in seinen Bann ziehen kann.