Rezension

Fasziniert durch eine ungewöhnliche Erzählperspektive

Elizabeth wird vermisst - Emma Healey

Elizabeth wird vermisst
von Emma Healey

Bewertet mit 4 Sternen

Der Inhalt dieses Buches lässt sich nur schwer beschreiben, denn erzählt wird aus der Innensicht von Maud  – und Maud leidet an Demenz. Mit Hilfe von Zetteln versucht sie, ihren Alltag zu bewältigen. Überall kleben sie in ihrem Haus, verfasst von ihrer Tochter, der Pflegerin und auch von ihr selbst. Immer öfter weiß sie nicht mehr von wem oder warum diese Notizen verfasst wurden. Doch ihr „papierenes Gedächtnis“, wie sie es selbst einmal nennt, ist ihr keine Hilfe mehr. Sie ertrinkt schier in einer Flut von Zetteln, deren Bedeutung sie nicht mehr erkennt.

Maud`s Aussetzer mehren sich und sie irrt immer verlorener durch ihre Welt. Es ist beklemmend und traurig, manchmal auch herzzerreißend tragikomisch. Je größer das Durcheinander in ihrem Kopf wird, umso schwieriger gestaltet sich das Lesen für mich, es gibt keine Struktur und keinen roten Faden. So wie Maud durch ihr Leben, taste ich mich mit vagen Ahnungen durch eine Geschichte, die mich zunehmend fertig macht und doch lese ich wie hypnotisiert weiter.

Maud verliert nicht nur ihre Fähigkeit sich zu orientieren, sondern scheint auch aggressiv zu werden. Für ihre Tochter Helen muss das wirklich die Hölle sein. Man weiß ja nicht wirklich, wie es in ihr aussieht, aber ich glaube, sie liebt ihre Mutter sehr. Bewundernswert, wie Helen und auch deren Tochter Katy damit umgehen.

Ich finde es mutig, aus der Innensicht einer Alzheimer-Kranken zu schreiben. Es erfordert enormes Einfühlungsvermögen, denn ganz genau kann man das ja alles nicht wissen. So, wie Emma Healey es beschreibt, fühlt es sich auf jeden Fall erschreckend realistisch an. Dieses Gefühl von Verlorenheit und Bedrückung auch beim Leser entstehen zu lassen, gelingt ihr wirklich perfekt.

Immer öfter wandern Maud`s Gedanken in die Vergangenheit. Vor vielen Jahren ist ihre Schwester Sukey verschwunden und damit hat sie wohl niemals abschließen können. Diese Erinnerungen gehen sehr ins Detail, gleichzeitig erscheinen auch sie mir seltsam verschwommen und zusammenhanglos.  Vergangenheit und die Gegenwart fließen zunehmend ineinander. Dieser Teil der Geschichte hat mir nicht so gut gefallen. Die Maud der Vergangenheit konnte mich nicht berühren. Ihre Empfindungen und Handlungen blieben mir unverständlich, die Schilderungen jener Ereignisse empfand ich als zäh und langwierig.

Fazit:

Es ist ein Buch, welches sich nicht so einfach weg lesen lässt, das gleichermaßen faszinieren, erschrecken und deprimieren kann.  Als Lesevergnügen möchte ich es nicht bezeichnen,  aber auch auf keinen Fall missen.