Rezension

fazinierend und irritierend

Northanger Abbey - Val McDermid

Northanger Abbey
von Val McDermid

Cat Morgan lebt in einem abgeschiedenen Dorf, ist Tochter eines Pfarrers und sehr behütet aufgewachsen. Ihr größtes Laster sind ihre Träumereien, ihr Faible für Literatur und Geschichten – am liebsten mit romantisch veranlagten Vampiren. Und Cat ist auf der Suche nach ihrem Abenteuer, dass jetzt doch endlich mal beginnen soll.

Cat Morgan lebt in einem abgeschiedenen Dorf, ist Tochter eines Pfarrers und sehr behütet aufgewachsen. Freundliche Nachbarn, Privatunterricht von der Mutter, ein großer Bruder und kleine Schwestern. Ihr größtes Laster sind ihre Träumereien, ihr Faible für Literatur und Geschichten – am liebsten mit romantisch veranlagten Vampiren. Und Cat ist auf der Suche nach ihrem Abenteuer, dass jetzt doch endlich mal beginnen soll. Die Chance dazu bietet sich ihr, als ihre Nachbarn sie als Begleitung zu einem Kulturfestival in Edinburgh mitnehmen. Cat ist begeistert von der Kultur, der Kunst und den Menschen. Auch ein Galan lässt nicht lange auf sich warten. Cat verknallt sich in den vornehmen Henry aus gutem Hause und freundet sich mit der mitreißenden Bella an, auf die ihr Bruder ein Auge geworfen hat. Doch auch Bellas unausstehlicher Bruder hat ein Auge auf Cat geworfen und der Träumerin kommt der Verdacht, dass Henrys geheimnisvolle Familie etwas Großes zu verbergen hat.

Ich persönlich finde den Versuch sehr gelungen umgesetzt. Aus einem Austen-Roman eine spritzige und flippige Geschichte zu machen, geht einfach nicht. Stattdessen hat die Autorin grundlegende Strukturen beibehalten. Das behütete Mädchen mit dem guten Verstand und einem reinen Herz. Cat sieht in allem das Gute und ist selbst ihren Prinzipien treu. Sie unterstellt nie jemandem etwas Böses und ist immer bemüht freundlich zu sein, selbst wenn ihr Gegenüber sie regelrecht ankotzt. Es geht ihr nicht um Selbstfindung oder -verwirklichung. Es geht ihr um ein kleines Abenteuer und darum, wie sie auf andere wirkt.

Das ist sehr konträr zu vielen modernen Geschichten und damit wieder erstaunlich erfrischend. Auch die Sprache ist dementsprechend bedacht und mitunter vornehm. Cat flucht nicht und auch ihre Mitmenschen achten sehr auf ihre Wortwahl. Das wirkt ein bisschen irritierend und so gar nicht modern, gibt der Handlung aber den Hauch von Austen und Vornehmheit, der nötig ist, um auch die Handlung glaubhaft zu machen.

Austen-haft ist auch die Handlung selbst. Die Verwirrungen und Wege, die Cat und ihre Freunde zu gehen haben erinnert mich stark an einen typischen Austen-Roman, in dem die Protagonistin sich durch unfeine Gesellschaft kämpfen muss, ehe sie ihren Galan für sich gewinnen kann. Oft ist sie dabei sehr passiv, lässt für sich entscheiden. Hier gefällt mir gut, dass Cat durchaus in der Lage ist, sich gegen ihre Umwelt zu stellen, wenn ihre eigenen Prioritäten und Wertvorstellungen bedroht sind. Sie macht den Mund auf, wenn es sein muss, und versucht das auch bei anderen zu erreichen, die ihrer Meinung nach sich von fremden Entscheidungen befreien müssen.

Die große Phantasie Cats, die stetige Suche nach Vampiren und dergleichen fand ich dagegen etwas störend. Da Cat keine schwärmerische Jugendliche ist, sondern einfach naiv und stetig staunend ist diese kleine Besessenheit für Twilight einfach etwas zu fokussiert im Roman für meinen Geschmack.

Mitunter wirkt der Roman auch irritierend, wenn die Figuren zwar ständig mit ihren Mobiltelefonen schreiben, bestimmte Wertvorstellungen aber deutlich hinter unserer Zeit liegen. Die Mischung aus Austen und Moderne ist interessant, ungewöhnlich und erregt Aufmerksamkeit, aber sie macht aus skeptisch und wirkt manchmal aufgesetzt. Ein gelungener Lesespaß, wenn der Leser sich auf das Experiment einlassen kann. Mir hat es jedenfalls großen Spaß gemacht und ich bin gespannt, ob damit eine neue Stilreihe entworfen wurde.