Rezension

Fehlende Feinsinnigkeit wird mit übermäßiger Brutalität kompensiert

Spinnennetz -

Spinnennetz
von Lars Kepler

Bewertet mit 3 Sternen

„Spinnennetz“ ist bereits der 9. Teil der bislang sehr erfolgreichen Thriller-Reihe um Kommissar Joona Linna. Als ich das Buch kürzlich bei NetGalley entdeckte, klingelte es bei mir sofort. Ich habe aus dieser Reihe des schwedischen Autorenduos mit dem Pseudonym Lars Kepler noch nicht alle Teile gelesen und die drei Vorgänger, die ich schon hatte, nicht mal in der Reihenfolge ihres Erscheinens. An die Handlungen erinnerte ich mich zwar nur dunkel, wusste aber noch, dass ich beim Lesen jedes Mal unter Hochspannung stand und die jeweiligen Geschichten regelrecht verschlang. Daher fragte ich ein Rezensionsexemplar an und freute mich, dass ich es bereits kurze Zeit später auf meinen Kindle laden konnte.

Vor mittlerweile drei Jahren wurde die ehemalige Kommissarin Saga Bauer aus der Reha entlassen, konnte jedoch, auf Grund der fehlenden psychologischen Freigabe, noch nicht wieder in den aktiven Polizeidienst zurückkehren. Deshalb schlägt sie sich mit einem nicht wirklich guten Detektiv-Job durch, hofft auf baldiges grünes Licht ihrer Psychologin und hält noch immer Kontakt zu Joona Linna.

An die makaber beunruhigende Postkarte, die Saga kurz vor ihrem Reha-Ende erreichte, auf der stand: »Ich habe eine blutrote Pistole der Marke Makarow. Im Magazin stecken neun weiße Kugeln. Eine davon wartet auf Joona Linna. Die Einzige, die ihn retten kann, bist du.« und die mit einem Anagramm des toten Serienmörders Jurek Walter unterschrieben war, dachten sie schon lange nicht mehr.

Das ändert sich jedoch, als plötzlich Menschen, die Saga kennt, entführt und bestialisch ermordet werden. Am Tatort wird jeweils viel Blut und eine Kugel mit silberweißer Ummantelung gefunden. Zudem erhält sie im Vorfeld jeweils rätselhafte Hinweise zum nächsten Opfer. Was verbindet Saga mit diesem Serienmörder und warum soll Joona ein Opfer werden? Wird es ihnen gelingen, das Rätsel zu lösen und den Mörder zu stoppen?

Auch dieses Buch hatte ich zwar relativ schnell ausgelesen und empfand den Schreibstil zum Teil durchaus wieder als temporeich und flüssig. Allerdings konnte ich diesmal mit sehr vielen der zahlreichen bildhaften Vergleichs-Untermalungen von Nebensächlichkeiten nicht allzu viel anfangen und hatte schon von Anfang an immer wieder das Gefühl, dass weniger deutlich mehr wäre. Außerdem verspürte ich diesmal beim Lesen einige Längen und empfand Vieles überhaupt nicht als logisch schlüssig, sondern lediglich wild für spektakulär brutale Effekte zurechtkonstruiert.

So lief für mich die Suche nach dem Mörder erst mal ein bisschen zu oft nach dem immer gleichen Muster ab, bevor es eine unerwartete Wendung gab, die das Ermittlerteam spaltete. Diese Spaltung empfand ich jedoch als ziemlich an den Haaren herbeigezogen, denn wirkliche Gründe dafür gab es zu diesem Zeitpunkt für mich nicht und auch die im Nachgang dazu erhaltenen Erklärungen, konnten mich von der Notwendigkeit dazu nicht überzeugen. Darauffolgende Ereignisse waren dann zwar durchaus wieder spannend beschrieben, aber sie entbehrten für mich eben der schlüssigen Grundlage und ich hatte immer wieder das Gefühl, dass mangelnde Feinsinnigkeit mit übermäßiger Brutalität kompensiert wurde.

Als bereits lange vor dem Ende bekannt wurde, um wen es sich bei dem Mörder handelte und zu allem, was die verbliebenen Ermittler über ihn wussten, empfand ich deren Verdächtigungen sowie ihre Unfähigkeit die nächsten Morde zu verhindern, noch abstruser. Und im Nachgang des gesamten Buches verstehe ich zwar durchaus, dass der Mörder sich für das, was geschehen ist, irgendwie rächen wollte und ich finde dessen Geschichte auch sehr traurig. Ich kann mir jedoch nicht wirklich vorstellen, dass ihm die gesamte geschilderte Durchführung allein und ohne irgendwelche Helfer möglich gewesen wäre.

Bereits bei den Vorgängern der Reihe, die ich gelesen hatte, fand ich im Nachgang Manches arg übertrieben und künstlich zurechtkonstruiert. Bei denen verspürte ich jedoch beim Lesen keine Längen und der durchgängig gehaltene Spannungsbogen, der mir während des Lesens keine Zeit zum Nachdenken ließ, sorgte dafür, dass ich mich im Endeffekt insgesamt trotzdem sehr gut unterhalten fühlte. Diesmal störten mich diese Dinge jedoch bereits während der Lesezeit und minderten damit mein Lesevergnügen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass aus der Reihe die Luft raus ist und weiß momentan nicht, ob ich überhaupt noch einen weiteren Teil daraus lesen möchte.