Rezension

Feine Novelle

On Chesil Beach - Ian McEwan

On Chesil Beach
von Ian McEwan

Bewertet mit 3.5 Sternen

» They were young, educated, and both virgins on this, their wedding night, and they lived in a time when a conversation about sexual difficulties was plainly impossible. But it is never easy. «  Mit diesen Worten beginnt  On Chesil Beach von Ian McEwan und birgt in diesem letzten Satz des Zitates, für mich,  die Kernaussage des Buches über das Leben und Lieben im Allgemeinen und eben auch Speziellem. 
Speziell ist die folgende intime Geschichte von Florence und Edward und ihrer Hochzeitsnacht; allgemein ist sie clever eingebettet in die beginnenden 60er Jahre, in England, zu Beginn der sexuellen Revolution, die zu einem freierem Umgang mit Sex und Sex vor der Ehe führte. Dies ist jedoch nur der weite Hintergrund, der mit zu dieser speziellen Nacht führt; zwar haben sich die Beiden noch gemäss der alten Konventionen, keine intimen Handlungen vor der Ehe, verhalten, jedoch geschah dies nicht ganz freiwillig, wie man bald erfährt. Florence hat ein Problem und ist dem Sex abgeneigt.  Es wird vage angedeutet, warum dies vielleicht (erschreckenderweise) so ist, aber der Fokus liegt auf der einerseits äusserst intimen Darstellung der Hochzeitsnacht von Florence und Edward, dieser zwei sehr verliebten jungen sympathischen Menschen, mit ihrer vollkommen gegensätzlichen Erwartung und Umsetzung des sexuellen Aktes und der meisterhaft skizzierten Umgebung, Familiengeschichte, Vergangenheit und Umstände der Beiden, also der ‘’grösseren’‘ Welt die sie umgibt. Dieser duale trichterartige Fokus spiegelt sich wunderbar in den 5 Kapiteln der Novelle; so bezieht man im ersten als Leser einen voyouristischen Standpunkt in der Hochzeitssuite, verlässt diese, etwas unwillig, da sehr neugierig der weiteren Entwicklung, im 2. Kapitel in die  familäre Vergangenheit und Vorgeschichte der Beiden, kehrt im 3. in den Mikrokosmos der Hochzeitsnacht zurück und reist im 4. Kapitel durchs das vergangene Jahr vor der Hochzeitsnacht, um im letzten das Ende der Nacht und ein Resümee in der kleinen und grossen Welt danach zu erfahren.
Eine interessante etwas wehmütige Reise, sehr detailliert und umfassend, doch auch leicht und sich nach dem Lesen verflüchtigend.  Natürlich bedingt die grosse Geschichte die kleine jedoch auch umgekehrt und das Leben, die Liebe....1962 oder 2018, es ist meist ‘never easy’ ....