Rezension

feinfühlig, unterhaltsam, lesenswert

Was uns erinnern lässt - Kati Naumann

Was uns erinnern lässt
von Kati Naumann

Bewertet mit 5 Sternen

Familie Dressel betreibt mitten im Wald an Rennsteig seit mehreren Generationen ein Familienhotel.

Mit dem Hotel Waldeshöh verbindet sie ihr ganzes Herzblut und hält damit auch die Familie zusammen. Aber dann kommt das Ende des 2. Weltkriegs, das Hotel liegt in der sowjetischen Besatzungszone direkt neben dem Grenzstreifen und damit beginnen die Querelen und Einschränkungen durch das sozialistische System. Durch Zufall findet Milla, die ihr Hobby im Auffinden von Lost Places sieht, unter Laub versteckt den noch intakten Keller des Hotels. Ihre Neugier ist geweckt und sie beginnt im Internet zu recherchieren. Sie kann auch wirklich Nachkommen der damaligen Besitzer ermitteln und beginnt mit ihnen gemeinsam die Aufarbeitung der Vergangenheit.

Mich hat dieses Buch tief bewegt und der Titel passt absolut. Beim Lesen wurden alte Erinnerungen bei mir wieder wachgerufen an meine Kindheit und Jugend. Als von Nietenhosen, Pionieren, der FDJ, und den damit verbundenen Liedern die Rede war sind meine Gedanken immer wieder in eigene Episoden aus der damaligen Zeit abgeschweift. Aber auch die Ausführungen, wie die Familie die so selten ankommenden Westpakete zelebriert hat. Das war in meiner Familie genauso. Alles wurde eingeteilt und sorgfältig gehütet. Auch eine WM66 hatten wir zu Hause, die wir gelegentlich, genau wie im Buch beschrieben, auch zum Einwecken genutzt haben.

Die Zustände in der DDR, wo man aus Mangel oft improvisieren musste, sind im Buch treffend geschildert. Es hat mich beeindruckt, wie lange >über Jahrzehnte< sich der Traum der Familie Dressel gehalten hat, der Traum das Hotel wieder mit Gästen zu füllen und es im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Dabei finde ich den Zusammenhalt der Familie, die ja nach der Schließung der Grenzen zu Westdeutschland völlig isoliert auf diesem 500 breiten Grenzstreifen weitergelebt hat unwahrscheinlich beeindruckend. Freiheit sieht sicher anders. Umso erstaunlicher, dass die Familie daran nicht zerbrochen ist. Mir ist das Buch stellenweise sehr unter die Haut gegangen Es hat mir unwahrscheinlich Spaß gemacht dieses Buch zu lesen und darum vergebe ich auch 5 Lesesterne und spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus.