Rezension

Feinfühliger Roman über die Hoffnung in hoffnungslosen Zeiten

Das Leben wartet nicht - Marco Balzano

Das Leben wartet nicht
von Marco Balzano

Inhalt
Ninetto kommt als neunjähriger Junge mit einem Bekannten aus seiner Heimat Sizilien nach Mailand. Seine Mutter ist nach einem Schlaganfall im Heim, sein Vater mit seinem Leben überfordert. Noch dazu kommt, dass die Familie bettelarm ist und Ninetto sich jeden Tag nur von einer Sardelle ernähren kann. In Mailand versucht er sein Glück zu finden. Mit fast 60 Jahren sieht er zurück und lässt uns Anteil an seinem Leben haben.

Meine Meinung
"Das Leben wartet nicht" ist eine Geschichte, die so oder so ähnlich tausendfach vorgekommen ist. In den 1950er und 1960er Jahren sind Kinder unter 12 Jahren häufig emigriert, um der Armut zu entfliehen. Marco Balzano stammt selbst aus einer süditalienischen Familie, die das Glück im Norden suchte. Für seinen Roman hat er in vielen Interviews mit denen gesprochen, die im eigenen Land Immigranten wurden. Mit Ninetto gibt er all diesen Kindern ein Gesicht und eine Stimme.

Ninetto erzählt seine Geschichte teils in der Gegenwart, in der der eine Gefängnisstrafe absitzt und nach der Entlassung mit der neu gewonnen Freiheit zu kämpfen hat. Er nimmt uns aber auch immer wieder mit in seine Vergangenheit, in der er dem Leser nicht nur seine Kindheit näher bringt sondern auch berichtet, was dazu geführt hat, dass er im Gefängnis gelandet ist.

Einfühlsam und mit einer großen Portion Melancholie legt Marco Balzano einen Roman vor, der berührt und nachdenklich stimmt. Sehr geschickt lässt er den Leser lange mit der Frage zurück, was zu dem Gefängnisaufenthalt geführt haben mag und schafft es große Sympathien für seinen Protagonisten aufzubauen, in dem er die Antwort erst spät in der Geschichte gibt. Ninetto hatte es nie leicht und das vor Augen, möchte man nicht wahrhaben, dass dieser auf den ersten Blick gute Mensch, etwas so schlimmes getan hat, das einen langjährigen Gefängnisaufenthalt notwendig macht. Auch in dem Moment als er offenbart, welche Straftat er begangen hat, kam ich nicht umhin ihn immer noch zu mögen und sein Vorgehen damit zu entschuldigen, dass er Zeit seines Lebens immer kämpfen musste und einfach nur das beschützen wollte, was ihm wichtig war. Vielleicht fiel es mir aber auch nur  leicht so nachsichtig zu sein, weil sein Kampf noch lange nicht zu Ende gekämpft ist. 

Fazit
"Das Leben wartet nicht" überzeugt durch seine empathische und bildliche Sprache. Ein Roman, der einen melancholischen Einblick in die Geschichte der Kinderemigration in Italien und den damaligen Flüchtlingen so eine Stimme gibt.