Rezension

Ferne Galaxien und düstere Szenarien

Das Schiff - Andreas Brandhorst

Das Schiff
von Andreas Brandhorst

Zitat:
„In dem finsteren Loch, das der Schatten am Himmel geworfen hatte, blitzte und glühte es an mehreren Stellen, als versuchten einige der verschluckten Sterne aus dem Schlund zu entkommen.“
(S.59)

„Er reiste durch Dunkelheit, nicht im wohlig warmen Schlaf des Transfers, sondern in der erdrückenden, erstickenden Umarmung von Schmerz.“
(S.123)

Inhalt:
Seit dem Weltenbrand beherrschen intelligente Maschinen die Erde. Den meisten Menschen schenken sie die Unsterblichkeit. Doch nicht alle haben dieses Glück. Der Omega-Faktor verhindert in einigen Fällen, dass man Unsterblichkeit erlangt. Und genau diese Menschen werden als Mindtalker dringend benötigt. Denn sie haben etwas, dass die Unsterblichen nicht besitzen.

Zur Erforschung weit entfernter Galaxien sind die Maschinen auf Mindtalker wie Adam angewiesen. Denn nur diesen ist es möglich, Körper und Geist zu trennen und so in kurzer Zeit große Entfernungen zurückzulegen.

Immer wieder stoßen sie auf Reste einer einst hoch entwickelten Zivilisation, den Muriah. Vor Jahrhunderten sind die Muriah plötzlich verschwunden. Doch sie haben eine Technik hinterlassen, die eine Suche nach ihnen wert scheint. Mit dieser können große Distanzen wie Lichtjahre blitzschnell überwunden werden. 

Bei der Suche nach dieser Zivilisation treffen sie nun auf einen ungeahnten Widerstand. Die Ausmaße sind unvorstellbar. Und es scheint eine Frage der Zeit, wann die Erde dem Untergang geweiht sein wird.

Meinung:
Schon in meiner Kindheit habe ich SciFi-Geschichten absolut geliebt. Eine Reise in unendliche Weiten kann wahrscheinlich so ziemlich jeden faszinieren. Nun wurde ich auf „Das Schiff“ aufmerksam. Meine Erwartungen schossen ins Bodenlose und so war ich froh, dass ich endlich mit dieser Geschichte beginnen konnte.

Nachdem ich die ersten Seiten gelesen hatte, fühlte ich mich erst einmal ein wenig überfordert. In diese Welt wurde ich förmlich hineingeworfen, ohne Orientierung und Aussicht. Langsam tastete ich mich dann immer mehr in das Geschehen. Doch die Zusammenhänge blieben vorerst im Dunklen. Also versuchte ich, mich Schritt für Schritt treiben zu lassen, nicht aufzugeben, und letztendlich hat es sich tatsächlich gelohnt.

Nach und nach erfuhr ich, wie es zu dieser Situation auf der Erde kommen konnte. Einzelheiten dazu blieben mir zwar vorerst verwehrt, doch ich hatte den Protagonisten Adam an meiner Seite, dem viele Handlungen aus der Vergangenheit auch nicht bewusst waren. Und so versuchten wir gemeinsam, uns vorzutasten und hinter das offizielle Geschehen zu schauen. Wobei Adam sich nicht von Beginn an mit dem Geschehen anfreunden konnte. Der Avatar Bartholomäus genießt immerhin sein ganzes Vertrauen. Er kennt ihn nun schon ein Leben lang. Adam gehört nicht zu den Glücklichen, die die Unsterblichkeit erlangen konnten, denn der Omega-Faktor griff bei ihm ein. Dennoch versucht Adam, das Beste aus dieser Situation herauszuholen. Und so wird er zum Mindtalker. Die ihm zur Verfügung stehenden Lebensjahre will er nutzen, um fremde Welten kennenzulernen.
Die Maschinen sind auf die Mindtalker angewiesen. Denn nur den Sterblichen ist es vergönnt, ferne Galaxien im Geist getrennt von ihrem Körper zu erreichen. Die Eroberung weit entlegener Planeten und deren Zivilisationen stehen in der Priorität an erster Stelle der künstlichen Intelligenz. Die Gefahr, die sie damit zum Leben erwecken, wird ihnen erst später bewusst.

Andreas Brandhorst hat definitiv ein Händchen dafür, Welten zu erschaffen, deren Bann man sich schwer entziehen kann. Auch wenn ich nicht gleich die Zusammenhänge zwischen den Handlungen erkennen konnte, war für mich ein spürbarer Sog vorhanden. Ich wollte den Geheimnissen definitiv auf die Spur kommen, konnte spüren, dass es da mehr gab, als ich auf den ersten Blick erkannte.

Der Autor brachte mir seine Geschichte aus Adams Sicht in Vergangenheitsform in dritter Person nahe. Mitunter verschaffte er dieser Perspektive eine Verschnaufpause und wechselte den Blickwinkel, wobei er seiner Linie grundsätzlich treu blieb. Doch genau so lernte ich auch andere Denkweisen kennen, erhielt weitere Einblicke. 

Die Charaktere blieben unverwechselbar, hatten jeweils entsprechende Eigenschaften mit Wiedererkennungswert. Nicht immer war ich mit den Geschehnissen einverstanden, konnte der Handlung dennoch folgen. 
Auch wenn meine Erwartungen in Sachen Spannung mitunter gedrosselt wurden, kam ich meist doch nicht von dieser Geschichte los. Der Autor schickte mich in Täler zwischen Hoffnung und Verzweiflung, die wiederum in erkenntnisreichen Höhen endeten. Handlungsfäden werden gesponnen, miteinander verknüpft und in die Handlung eingewoben. Nichts überlässt der Autor dem Zufall, geschickt führte er mich genau zu dem von ihm anvisierten Ziel.

Andreas Brandhorst skizziert ein wirklich potentialträchtiges Szenario. Seine Idee, das Bewusstsein von Menschen über hunderte von Lichtjahren zu transferieren, ist einfach genial. Ich reiste so in entfernte Welten, fand die eine oder andere Ähnlichkeit zu unserem Planeten, erreichte aber auch gefährliches und lebensfeindliches Terrain. Die unbekannte Bedrohung begleitete Adam und mich dabei, greifen konnten wir die Gefahr fürs erste nicht. Bis diese dann doch präsenter wurde und wir plötzlich alles auf eine Karte setzen mussten.

Auch die Idee, dass intelligente Maschinen den Menschen Unsterblichkeit geben können, fand sofort mein Interesse. Eigentlich könnte man meinen, dass hieraus paradiesische Zustände geschaffen wurden, doch dies ist nur auf den ersten Blick so. Technologischer Fortschritt hat dazu geführt, dass Maschinen immer ausgereifter wurden und letztendlich eine eigene Intelligenz entwickeln konnten. Und so unrealistisch finde ich diesen Gedanken nicht. Ich empfinde diese Entwicklung eher als realistisches Zukunftsszenario mit allem Für und Wider.

Zum Ende hin gestaltet Andreas Brandhorst nochmal einen spannenden Showdown, bevor er seine Geschichte mit einem wirklich runden und für mich befriedigenden Ende abschließt. 

Urteil:
„Das Schiff“ entführte mich in ferne Galaxien, ließ mich verzweifeln und hoffen, erfüllte mir einige Träume aus Kindheitstagen. Meine Abenteuer in den unendlichen Weiten des Weltalls belohne ich deshalb mit 4 Büchern.

Für alle Entdecker ferner Welten, die sich Zukunftsszenarien nicht verschließen, dabei Gefahren bestehen können und sich von Rückschlägen nicht verunsichern lassen.

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