Rezension

Fesselnd, aber auch verstörend

Die Vegetarierin
von Han Kang

Bewertet mit 4 Sternen

Das Buch hat beginnt zu dem Zeitpunkt, als Yeong-Hye beschließt, fortan als Vegetarierin zu leben. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie, besonders aus der Sicht ihres Ehemannes, in jeder Hinsicht durchschnittlich. Doch mit ihrer Entscheidung wandelt sich dieses Bild, das ihr Mann von ihr hat zusehends. Sie entwickelt immer eigentümlichere Verhaltensweisen, die sie ihrem Mann und ihrer restlichen Familie genauso wenig erklärt, wie ihren Entschluss vegetarisch zu leben. Und so macht sich ihre Familie zunehmend Sorgen um ihren körperlichen wie auch geistigen Gesundheitszustand.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die jeweils mit einigen Monaten Abstand einen Einblick in Yeong-Hye's Zustand geben. Dabei wechselt mit jedem Teil der Erzähler des Geschehens. Im ersten Teil berichtet vor allem ihr Mann und manchmal auch Yeong-Hye selbst, wodurch man als Leser einen guten Einblick in deren Zusammenleben erhält und auch etwas über Yeong-Hye's Beweggründe erfährt. In den darauffolgenden Abschnitten erfolgt die Erzählung aus der Sicht ihres Schwagers und schließlich ihrer Schwester. Durch diese Erzählperspektiven fällt es dem Leser zunehmend schwer, Yeong-Hye zu verstehen und man bleibt ebenso ratlos zurück wie ihre Angehörigen.

Mit seinen nur 190 Seiten ist das Buch zwar recht kurz, in diesen wenigen Seiten wird jedoch nicht nur eine Zeit von fast zwei Jahren, sondern auch einige Selbstreflektionen und Erinnerungen der Erzählenden abgedeckt, so dass sich für den Leser eine dichte Erzählung ergibt, die nie langweilig wird und ihn komplett in ihren Bann zieht. Ich hätte mir jedoch manchmal gewünscht, dass auch im zweiten und dritten Teil manchmal noch ein kurzer Einschub durch Yeong-Hye erfolgt, um sie ein wenig besser zu verstehen.