Rezension

Fesselnd bis zur letzten Seite und ein bisschen gruselig

Der Preis des Lebens - Bernhard Kreutner

Der Preis des Lebens
von Bernhard Kreutner

Bewertet mit 5 Sternen

Dieser fesselnde Krimi enthält zwei Handlungsstränge: Zum einen jenen internationalen, in dem ein Ärzteteam Organtransplantationen abseits von Eurotransplant durchführen und jenem, der in Wien spielt und genau diesen Verbrechern das Handwerk legen soll.

 

Michael Lenhart, Major und Sonderermittler für Wirtschaftskriminalität, hat den Kabinettchef der österreichischen Innenminsterin in der Öffentlichkeit geohrfeigt, weil der durch eine gezielte Indiskretion Ermittlungsarbeit von mehr als einem Jahr zunichte gemacht hat und die Täter dadurch entkommen hat lassen. Der Preis für seine Geradlinigkeit, sich nicht auf eine Stress bedingte Ausnahmesituation auszureden, ist seine Degradierung zum Hauptmann und die Verbannung in den D-Trakt, in eine ehemaligen Dienstwohnung im Innenministerium. Dort soll er gemeinsam mit Leutnant Sabine Preiss, die ebenfalls unangenehm aufgefallen ist, über alten, unaufgeklärten Fällen sitzen und neue Erkenntnisse gewinnen.

 

Noch bevor die beiden sich häuslich eingerichtet haben, platzt ein aktueller Fall in den D-Trakt: Während eines Armenbegräbnisses ist den Mitarbeitern des Wiener Zentralfriedhofs ein Sarg vom Transportwagen gefallen, der zusätzlich zur Leiche einer alten Frau die eines jungen Mannes enthalten hat, dem man nach allen Regeln der Chirurgie Organe entnommen hat.

Lenhart und Preiss sollen diesen Fall auf Grund eines Krankheitsbedingten Personalengpasses bei der Mordkommission übernehmen.

 

Recht bald ist klar, dass hinter dem Missgeschick der beiden ahnungslosen Friedhofsangestellten eine bestens organisierte und international tätige Verbrecherorganisation stehen muss, wie unbestätigte Informationen der Geheimdienste andeuten.

 

Für die Beiden, intern „Bonnie und Clyde von der Abteilung für Abfälle“ genannt, beginnt nun ein Wettlauf mit der Zeit, denn die Liste der Menschen, die auf ein Spenderorgan warten und über ausreichend Geld, aber zu wenig Skrupel verfügen, ist lang.

 

Meine Meinung:

 

Das ist ein Krimi nach meinem Geschmack!

 

Zwei in die Verbannung geschickte Ermittler, die den Vorgesetzten mehr als unangenehm aufgefallen sind, lösen einen internationalen Fall, der bis in die höchsten EU-Kreise reicht mit Bravour. Na nicht nur mit Bravour, sondern auch mit angeordneter Unterstützung durch das Bundesheer, genau genommen vom „Kommando Führungsunterstützung & Cyber Defence“. Allerdings, erfolgt das alles im Geheimen, ohne Wissen des Verteidigungsministers. Über das Unterlaufen so mancher Vorgesetzter habe ich mich königlich amüsiert.

 

Die Charaktere sind, wie aus dem Leben gegriffen, beschrieben. Sie haben Ecken und Kanten sowie ungewöhnliche Vorlieben. So ist Lenhart ein Fan von Aristoteles und zitiert den, sehr zum Missfallen des unmittelbaren Vorgesetzten Brigadier Fritsch häufig. Sabine Preiss, eine ehemalige Angehörige des Jagdkommandos, die ihrem Vorgesetzten seine Unfähigkeit an den Kopf geworfen hat, oder eben Lenhart, dessen großer Auftritt inklusive Ohrfeigen für den Kabinettchef für Bewunderung sorgt (manchmal, von höheren Chargen nur hinter vorgehaltener Hand) oder jenem Oberleutnant Rainer Fussenegger, der sich während seiner Zeit als Grundwehrdiener bei der Cyberabwehr ins System gehackt hat und die Abfangjäger starten und eine Runde über Wien drehen hat lassen. „Der damalige Chef der Cyberabwehr wurde abgelöst, ich blieb.“ (S.108)

 

Meine Lieblingsfigur ist allerdings Sigrid Wolf. Eine Beamtin, die schon viele Minister und Chefs kommen und auch wieder gehen gesehen hat, allerdings kaum wahrgenommen wird. Ein kleines Kompliment von Michael Lenhart und der „Vorzimmerdrache“ wird handzahm und läuft zur Hochform auf.

 

Apropos, Innenministerin! Herrlich, dass die Frau Innenminister den Namen eines Waffenfabrikanten trägt: Ferdinand Ritter von Mannlicher (1848-1904). Ihr Seitenhieb auf den gleichfalls fiktiven Verteidigungsminister, der gerne martialische Sprüche klopft, und dessen einzige militärische Leistung ein extremer Kurzhaarschnitt ist, ist einfach göttlich. Da bin ich doch als Österreicherin versucht, an eine bestimmte Person zu denken.

 

„Ein Idiot bleibt ein Idiot. Ganz gleich wie viel Lametta seine Uniform schmückt. Das gleiche gilt für die Chromosomenverteilung.“ (S. 101).

 

Der Schreibstil ist flüssig, zeitweise launig und zeugt von guten Kenntnissen der österreichischen Innenpolitik und des Berufsbeamtentum. Als Beamtin habe ich über die Schilderungen der internen Kanäle zwischen den Ministerien herzlich lachen müssen. Es zahlt sich immer aus, auch in anderen Ministerien jemanden zu kennen.

 

 

Doch bei aller Leichtigkeit des Lesens darf nicht übersehen werden, dass sich der Autor mit ernsten Themen beschäftigt: Erstens: Die Skrupellosigkeit einiger Kriminellen, die gezielt Menschen töten, um an deren Organe zu kommen, damit einige wenige Reiche Gesundheit für sich und ihre Lieben kaufen können. Dieser Zweig des Verbrechens könnte allerdings niemals ohne Billigung von ganz weit oben existieren. Das heißt, Geld regiert wie immer die Welt.

 

Zweitens: Die Anfälligkeit von EDV-Systemen. Das ist ja inzwischen bekannt, trotzdem sind nicht alle Firmen- und/oder Behördennetzwerke ausreichend geschützt.

 

Fazit:

 

Ein österreichischer Krimi der Sonderklasse, dem ich gerne 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung gebe. Ich hoffe, es gibt eine Fortsetzung.