Rezension

Fesselnde Erinnerung an die "Nach dem Sommer"-Trilogie

Schimmert die Nacht - Maggie Stiefvater

Schimmert die Nacht
von Maggie Stiefvater

Bewertet mit 4 Sternen

Ausführliche Rezension zu "Schimmert die Nacht" mit Fokus auf dem hervorragenden Schreibstil der Autorin...

Klapptext:
Nach einer längeren Zeit der Trennung hat Isabel den Schmerz über die gescheiterte Liebe zu dem unberechenbaren Ex-Rockstar Cole endlich überwunden und konzentriert sich auf ihr neues Leben in L.A. An Cole denkt sie selten. Als er plötzlich vor ihr steht, beginnt ein nerven- und gefühlsaufreibendes Spiel aus unwiderstehlicher Anziehung und abgrundtiefer Abneigung. Cole ist hinreißend und verführerisch wie immer, und Isabel kann seinem Charme nur schwer standhalten. Doch zugleich fürchtet sie, dass seine dunkle Vergangenheit wieder Macht über ihn erlangt. Deshalb hat sie sich geschworen, sich nicht noch einmal in ihn zu verlieben, und kämpft verzweifelt gegen ihre Gefühle an. Cole hingegen tut alles, um Isabel von der Aufrichtigkeit seiner Liebe zu überzeugen. Aber eine Frage bleibt: Weshalb ist er wirklich zurückgekommen? 

Inhalt:
Bei dem Titel "Schimmert die Nacht" handelt es sich um ein Spin-off zu der "Nach dem Sommer"-Trilogie, die sich mit der ehemaligen Schulzicke Isabel und dem Rockstar und Werwolf Cole befasst. Nachdem die Liebe der beiden am Ende der Trilogie zu keinem Happy-End führte, treffen sie sich in ihren neuen Leben in L.A. wieder und werden sofort in einen Strudel alt bekannter Gefühle hineingezogen. Dabei sorgen die verwirrenden Gefühle und die Unentschlossenheit der beiden Hauptcharaktere für viele Probleme, insbesondere, da Isabel dabei ist, sich auf ein Medizinstudium vorzubereiten und Cole nach langer Abstinenz seine erste neue Platte aufnimmt. Zu diesem Zweck nimmt er an einer umstrittenen Reality-TV-Show teil, in der schon bald die Gefühle der beiden Instrumentalisiert werden sollen.

Cover/Erster Eindruck:
Sowohl das wunderschön gestaltete Cover, das durch die Skyline und Palmen bereits wunderbar den Ort des Geschehens aufgreift, als auch der Klapptext mit seinem Rückblick auf die Geschichte von Isabel und Cole in der "Nach dem Sommer"-Trilogie, haben mich sofort wieder zurück in diese melancholische Welt von Maggie Stiefvater zurückgeholt - und das obwohl es schon weit über fünf Jahre her ist, dass ich den dritten Teil dieser Trilogie gelesen habe.

Zitat:
"Warum bist du hier?", fragte ich.
"Du."
Es war die perfekte Antwort, gesagt auf unperfekte Weise. Wie schnell er geantwortet hatte. "Du." Mehr nicht. Es war so einfach, nur ein einziges Wort zu sagen. Ich wollte, dass er es noch einmal sagte, damit ich beim zweiten Mal die Chance hatte, etwas dabei zu fühlen.
(Isabel Culpeper; S. 35) 

Stil/Sprache:
Wie immer ist es Maggie Stiefvater auch in diesem Buch gelungen eine ganz besondere, teilweise melancholische, aber auch chaotische Stimmung zu erzeugen, die einen vollständig in ihren Bann schlägt. Dies sorgt dafür, dass man, auch wenn man das Buch einmal aus der Hand gelegt hat, noch immer an die Charaktere denkt und sich in ihren teilweise verwirrenden Gedanken und Gefühlen selbst wiederfindet.

Handlung:
Leider ist der vordergründige Handlungsverlauf, also die erneute Annäherung zwischen Isabel und Cole etwas langatmig geraten, auch wenn man dennoch als Leser darauf hin fiebert, dass die beiden endlich wieder zu einander finden mögen. Die Geschichte bietet jedoch auch mehrere witzige, traurige oder auch spannende Nebengeschichten, wie beispielsweise Coles wachsende Freundschaft zu seinem Fahrer Leon, die traurige Geschichte um Coles früheren Drummer Victor oder auch Isabels Job in der Modeboutique samt schrulligen Besitzern. Insgesamt wird das Buch also an keiner Stelle langweilig, auch wenn, meiner Meinung nach, die Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptcharakteren noch deutlich stärker im Fokus stehen könnte. Darüber hinaus fällt auf, dass dieses Spin-off kaum noch auf die Wolfs-Thematik eingeht. Genau genommen handelt es sich bei Coles Werwolf-Dasein lediglich um einen kleinen Nebenaspekt, sodass man hier nur noch am Rande von einem Fantasy-Roman sprechen kann.

Charaktere:
Aufgrund des, bereits zuvor erwähnten, fantastischen Schreibstils der Autorin, kann man sich auch in dieser Geschichte wunderbar in die beiden Hauptcharaktere Isabel und Cole hineinversetzen und wird so in ihre verwirrende Gefühls- und Gedankenwelt gezogen, aus der man, selbst nachdem man das Buch beendet hat, nur schwer wieder entkommen kann. Dies führt dazu, dass einem auch die teils widersprüchlichen Verhaltensweisen der beiden logisch erscheinen und man noch stärker darauf hofft, dass sie ihre inneren Dämonen überwinden und ihr Glück finden mögen. Darüber hinaus haben mir insbesondere zwei weitere Charaktere gut gefallen, die beinahe als vollständige Gegenteile zu den Hauptcharakteren fungieren. So zum einen der zurückhaltende und durch seine unkomplizierte Art so sympathische Fahrer Leon, der mit seinem ruhigen und einfachen Leben zufrieden ist - zumindest bis er Cole trifft, der mit seiner lauten, aufdringlichen und fordernden Art und seinem andauernden Wunsch nach "mehr" zwar einen extremen Gegensatz zu Leon darstellt, diesem jedoch auch zeigen kann, dass das Leben noch mehr für sie beide bereithält. Zum zweiten handelt es sich dabei um Isabels Cousine Sofia, die extrem zurückhaltend und schüchtern, aber auch freundlich ist und es so jedem um sich herum recht machen möchte. Diese stellt sich als genaues Gegenteil zu Isabel dar, die absolut selbstbewusst durch das Leben stöckelt und sich zu aller erst um sich selbst sorgt. Doch auch diese beiden nähern sich im Lauf der Geschichte immer weiter an und können einiges von einander lernen.

Fazit:
Zu beachten ist, dass es sich bei diesem Roman kaum um Fantasy handelt - wer darauf hofft, der wird also enttäuscht. Auch wenn die Liebesgeschichte durchaus noch ausbaufähig gewesen wäre, ist dieses Buch allein aufgrund des beeindruckenden Schreibstils und der so erzeugten Atmosphäre absolut lesenswert, insbesondere, wenn man die "Nach dem Sommer"-Trilogie gelesen hat und sich gerne an diese Welt zurückerinnert. Wenn man einmal in die Welt und Gefühle der Hauptcharaktere eingedrungen ist, wühlt einen ihre Geschichte auch noch Wochen später auf.