Rezension

fesselnder Beginn und Schluss, aber ziemlich langatmiger Mittelteil

Ich. Darf. Nicht. Schlafen. - Steve Watson

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
von Steve Watson

Bewertet mit 3 Sternen

Kurzbeschreibung:
Ohne Erinnerung sind wir nichts. Stell dir vor, du verlierst sie immer wieder, sobald du einschläfst. Dein Name, deine Identität, die Menschen, die du liebst – alles über Nacht ausradiert. Es gibt nur eine Person, der du vertraust. Aber erzählt sie dir die ganze Wahrheit?

Als Christine aufwacht, ist sie verstört: Das Schlafzimmer ist fremd, und neben ihr im Bett liegt ein unbekannter älterer Typ. Sie kann sich an nichts erinnern. Schockiert muss sie feststellen, dass sie nicht Anfang zwanzig ist, wie sie denkt – sondern 47, verheiratet und seit einem Unfall vor vielen Jahren in einer Amnesie gefangen. Jede Nacht vergisst sie alles, was gewesen ist. Sie ist völlig angewiesen auf ihren Mann Ben, der sich immer um sie gekümmert hat. Doch dann findet Christine ein Tagebuch. Es ist in ihrer Handschrift geschrieben – und was darin steht, ist mehr als beunruhigend. Was ist wirklich mit ihr passiert? Wem kann sie trauen, wenn sie sich nicht einmal auf sich selbst verlassen kann?

Meinung:
Auch wenn ich in letzter Zeit echt viele Bücher mit dem Thema Gedächtnisverlust gelesen habe, fand ich den Klappentext einfach extrem vielversprechend und spannend. Dementsprechend gut hat mir auch der Anfang von Ich. Darf. Nicht. Schlafen gefallen. Das beklemmende Gefühl, als Christine das erste mal, in dem ihr fremden Schlafzimmer aufwacht und das Unglauben und die Angst, als sie feststellt, dass etwas ganz und gar nicht stimmt, sind sofort präsent und greifen auf den Leser über. Ich war von der ersten Seite an von Christines schwerem Schicksal ergriffen und wollte, genau wie Christine, alles darüber erfahren.

Im ersten Viertel kann der Thriller auch wirklich fesseln und überzeugen. Der Schreibstil ist sehr bildhaft, klar und flüssig, aber teilweise auch etwas ausschweifend. Ein Fakt den ich anfangs noch ganz gut fand, aber mit der Zeit eher negativ auffällt. Denn dadurch, dass Christine alles so extrem detailliert in ihr Tagebuch schreibt, hatte ich im Mittelteil (ca. Seite 100 – 300) oft das Gefühl, etwas auf der Stelle zu treten und dass sich manches zu oft wiederholt, oder aus vielen unwichtigen Details zusammensetzt. Dazwischen streut der Autor zwar immer mal wieder neue und wichtige Bruchstücke aus Christines Vergangenheit und damit des geheimnisvollen Ganzen ein, wodurch man zeitweilig schon das Gefühl hat, wieder ein neues Puzzlestück an seinen angestammten Platz einsetzten zu können, aber die konstante Spannung bleibt in diesem Mittelteil doch etwas auf der Strecke. Man merkt, dass der Autor den Leser etwas hinhalten möchte und seine Geheimnisse unerwartet und gezielt aufdecken will. Dies ist immer eine gute Strategie, um einen Thriller spannend und mitreißend zu machen, jedoch hat die Umsetzung nicht ganz perfekt geklappt.

Doch nichtsdestotrotz schafft es das letzte Viertel gut über den schwächeren Mittelteil hinwegzutrösten. Denn die Auflösung der Geschichte ist wirklich extrem nervenaufreibend, für mich doch eher unerwartet und trotzdem logisch. So bin ich dem Autor gut auf den Leim gegangen und habe seine gezielt falschen Hinweise alle aufgenommen und für mich weiter gesponnen, nur um dann festzustellen, dass doch alles ganz anders ist. Der Schluss ist für mich zwar etwas zu offen gehalten, dennoch kann ich mir aber auch gut vorstellen kann, dass dieses Finale für manche einen besonderen Reiz hat.

Über die Charaktere will ich gar nicht so viele Worte verlieren. Die einzige, die man wirklich etwas kennenlernt, ist Protagonistin Christine und dabei weiß sie selbst ja nicht einmal mehr wer sie ist. Dennoch entwickelt sie sich im Laufe des Romans stetig weiter und lernt mithilfe ihres Tagebuchs auch selbst Entscheidungen zu treffen und die Dinge zu hinterfragen und ich konnte mich eigentlich ganz gut in sie hineinversetzten. Den Nebencharakteren hätte etwas mehr tiefe nicht geschadet, aber dennoch haben sie genügend Präsenz, um in ihrer Rolle im Roman zu überzeugen.

Fazit:
Ein Thriller mit einem wirklich fesselndem Anfang und einem faszinierendem letzten Viertel. Der Zwischenteil hat gute Ansätze, wirkt durch zu viele Wiederholungen und unnötige Details manchmal etwas sehr langatmig, weswegen es am Ende leider „nur“ für 3 Sterne reicht.