Rezension

fesselnder historischer Roman, der mich noch lange berühren wird

Hannah und ihre Brüder - Ronald H. Balson

Hannah und ihre Brüder
von Ronald H. Balson

Bewertet mit 4 Sternen

Ronald H. Balson – Hannah und ihre Brüder

 

Auf einer Spendengala glaubt Ben Solomon einen der Gäste als SS-Ofizier und Mörder identifiziert zu haben, bedroht ihn und wird dann selbst in das Gefängnis geworfen, da ihm keiner glaubt. Um das Geheimnis aufzudecken, die Wahrheit zu beweisen und Gerechtigkeit auszuüben, wendet er sich an die Anwältin Catherine Lockhardt und den Privatermittler Liam Taggart.

Doch die Suche nach Beweisen ist anstrengend und in mühevoller Kleinarbeit und Ausdauer verbinden sich die Indizien, doch die Frage bleibt: Ist Elliot Rosenzweig der gesuchte Otto Piontek?

 

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich das Buch nur wegen einer Challenge gelesen habe (ein herzliches Dankeschön an Netgalley.de), da mich selten ein historisches Buch fesseln konnte und die meisten, gerade wenn es um die Verfolgung bestimmter Personengruppen, in diesem Fall die Juden, geht, entweder staubtrocken oder sehr gewalttätig sind.

Allerdings ist der Schreibstil hier angenehm, leicht lesbar und durch die verschiedenen Perspektivwechsel sowie die Sprünge in der Zeit doch recht spannend und fesselnd. Auch hier werden Grausamkeiten geschildert, die den Leser berühren, die so viel tiefer gehen, als körperlicher Schmerz. Doch die historischen Fakten, die fiktive Geschichte, die Gräueltaten und die dazugehörige sehr beklemmende Atmosphäre wirken stimmig und so wird die Geschiche recht schnell zu einem Pageturner.

 

Die Ausarbeitung der Charaktere wirkt lebendig und facettenreich, ich konnte mir jeden Einzelnen, egal ob in der Gegenwart oder in der Vergangenheit gut bis sehr gut vorstellen. Gerade die Hauptfiguren sind greifbar und authentisch ausgearbeitet.

Ben ist sympathisch, doch lange blieb der Zweifel, wahre Erinnerungen oder vielleicht ist da doch etwas durcheinander gekommen. Seine Erzählungen in der Vergangenheit, die in der ich-Perspektive geschildert sind, konnten mich berühren, die Verfolgung, der Verlust der Familie, die Emotionen die er hervorbringt, während er seine Geschichte erzählt.

Liam Taggart ist Privatdetektiv. Manchmal empfand ich seine Art als etwas zu aufdringlich und zu aufgesetzt, doch ergänzt er die Geschichte in Kombination mit der Anwältin Catherine Lockhardt gut. Diese war mir ebenfalls sympathisch, auf der einen Seite wirkt sie tough und fordert ihre Gegner, aber auch Verbündete heraus, auf der anderen Seite wirkte sie fast schon fragil, und wer wäre bei dieser Geschichte nicht emotional?

Die Schauplätze und die Handlung selbst wirkt sehr realistisch, teilweise fühlte ich mich so tief mit der Geschichte verbunden, dass ich das Gefühl hatte, direkt neben Ben, Hannah oder auch neben Cat oder Liam zu stehen. Die Geschichte ist intensiv und berührend, die geschichtlichen Fakten wirken gut in die Story eingearbeitet, ja ich würde sogar sagen, es ist das beste Buch aus dem „historischen Genre“ das ich bisher gelesen habe, aber dennoch störte mich die eine oder langatmige Ausschweifung und ganz besonders das Ende, denn während die Auflösung nach so vielen Seiten doch relativ plötzlich und vorhersehbar war, bleiben ein paar Fragen offen.

 

Ich kann das Buch empfehlen, nicht nur den Historik-Liebhabern, auch denen, die einen Einstieg in das Genre suchen.

 

Das Cover ist nicht so meins, wirkt aber wie eine Szene aus dem Buch.

 

Fazit: fesselnder historischer Roman, der mich noch lange berühren wird. 4 Sterne.