Rezension

fesselnder Psychothriller

Seelenfeindin - Sabine Trinkaus

Seelenfeindin
von Sabine Trinkaus

Bewertet mit 4 Sternen

Nadja Schönberg will mit ihrer Vergangenheit abschließen, ein Ortswechsel sowie ein neuer Arbeitgeber scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Jetzt arbeitet die Psychiaterin an einer kleinen Klinik auf dem Land und versucht, an ihre früheren Erfolge anzuknüpfen. Ihre Patientin ist die bekannte Fernsehjournalistin Konstanze Friedrichs, die sich freiwillig in Behandlung begeben hat, da sie das Gefühl hat, langsam verrückt zu werden. Sie redet davon verfolgt zu werden, auf den ersten Blick wirkt sie aber nicht verhaltensauffällig.

Nadja lässt sich auf Konstanze ein, erfährt in den Therapiegesprächen viel über ihr Leben, auch, wie wichtig ihr ihre Karriere ist. Doch im Verlauf verliert Nadja ihre Distanz, immer mehr drängt sich ein Fall aus ihrer eigenen Vergangenheit an die Oberfläche und hindert sie daran, sich voll zu konzentrieren. Was stimmt nicht mit Konstanze, bildet sie sich alles nur ein oder wird sie tatsächlich verfolgt? Nadja spricht mit Menschen aus Konstanzes Umfeld um sich ein umfassendes Bild zu machen.

Der Schreibstil lässt sich super lesen, er ist kurz und knapp, eher nüchtern und passt perfekt zur Handlung. Aus Nadjas Ich-Perspektive wird die Geschichte erzählt, man ist ganz nah an ihren Gedanken und Gefühlen dran und kann sich in sie hinein versetzen. In eine Frau, der ein Fall aus der Vergangenheit noch schwer zu schaffen macht. Auch wenn alle behaupten sie träfe keine Schuld, macht sich sich doch schwere Vorwürfe. Umso mehr ist ihr daran gelegen beim jetzigen Fall alles zu geben und Kollegen und Vorgesetztem zu zeigen, dass sie wieder voll auf der Höhe ist. Doch genau das trifft nicht zu, denn je mehr sie sich in den aktuellen Fall einbringt, umso brüchiger wird ihre zur Schau gestellt Stärke. Sie lässt sich gehen, isst zu wenig und trinkt zu viel. Ob es daran liegt, dass Konstanze immer wieder behauptet, sie beide seien sich so ähnlich? Oder daran, dass sie jemand nicht in Ruhe lässt, sie immer wieder an ihr Versagen erinnert?

Wie es sich für einen guten Thriller gehört, wird von Anfang an Spannung aufgebaut und nur wenige Details verraten, so dass man lange Zeit im Unklaren ist. Zum einen was den alten Fall von Nadja betrifft, hier erschließt sich erst im Mittelteil, was damals passiert ist. Zum anderen mit den Ereignissen, die Konstanze betreffen, und diese sind absolut undurchschaubar. Man lernt neben Nadja auch Konstanze kennen, ich war mir aber nie sicher ob sie wirklich die Wahrheit erzählt oder nur eine Rolle spielt. Sie lässt sich schwer einordnen, aber genau das macht den Reiz aus und die Handlung so fesselnd. In den Gesprächen zwischen Nadja und Konstanze erzählt diese Episoden aus ihrem Leben mit ihrem Exfreund Klaus, in Gesprächen zwischen Nadja und Klaus erlebt man die Ereignisse aus einem anderen Blickwinkel. Wer die Wahrheit sagt lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen.

Ich konnte hier rätseln, war hin und her gerissen. Mal  war ich überzeugt, dass Konstanze die Wahrheit sagt und wirklich verfolgt wird, dann wieder war ich überzeugt dass sie lügt, manipuliert. Mit jedem neuen Kapitel habe ich geschwankt und war bis zum Ende unentschlossen. Nebenbei verfolgt man wie Nadja immer unsicherer wird, falsche Entscheidungen trifft, Termine nicht wahrnimmt, mit ihr scheint es bergab zu gehen. Am Ende gibt es einen spannenden Showdown und erst dann wird geklärt,  wie die Geschichten verflochten sind.

Fazit: Sehr gut geschriebener und vor allem fesselnder  Psychothriller, der lange nicht zu durchschauen ist. 4 verdiente Sterne.