Rezension

Fesselndes Buch mit einem interessanten Fall

R.I.P. - Yrsa Sigurdardóttir

R.I.P.
von Yrsa Sigurdardottir

Bewertet mit 4 Sternen

"R.I.P." behandelt, wie die beiden vorherigen Bände, einen interessanten, oftmals packenden Fall. Wie man es aus den anderen Büchern kennt, sind die Taten recht detailliert beschrieben und schon die ersten Szenen waren in gewisser Hinsicht erschreckend, da man als Leser direkt dabei ist, als ein junges Mädchen namens Stella an seinem Arbeitsplatz überfallen wird. Die Autorin hat dies sehr eindringlich beschrieben, sodass die Angst und das Entsetzen des Opfers beinahe greifbar waren, und auch die späteren Informationen über die Tat haben zu dieser Stimmung beigetragen. Die Vorstellung, per Snapchat zusehen zu müssen, wie eine Freundin - oder auch nur eine flüchtige Bekannte - verletzt wird ist furchtbar und man macht sich unwillkürlich Gedanken, wie man selbst in dieser Situation reagieren würde.

Mir hat gut gefallen, dass die technischen Möglichkeiten der Zeit hier genutzt wurden, da mir das in dieser Form noch nicht in einem Krimi oder Thriller untergekommen ist und ich es realistisch fand, dass der Täter sich unter den gegebenen Umständen dieser Methoden bediente. Der Fall ist zudem eng mit dem Thema 'Mobbing‘ verknüpft, das ja sehr aktuell ist, und die sozialen Medien spielen hier eine wichtige Rolle. Es wurde deutlich, welche Möglichkeiten sich potentiellen Tätern mit ihrer Hilfe eröffnen, und es gab hier einige erschütternde Momente. In dieser Hinsicht macht die Geschichte auf jeden Fall nachdenklich und man wünscht sich beim Lesen, dass etwas getan wird, um den Opfern zu helfen. Es war zudem interessant zu spekulieren, wie alles zusammenhängen könnte; die Auflösung an sich konnte mich auch überzeugen, aber sie hat mich zugleich überrascht, da die Autorin einige gute falsche Fährten gelegt hat.

Das Buch war trotz einiger etwas zäher Passagen beinahe durchgehend spannend, auch wenn die Geschichte komplex ist und die Ermittlungen teilweise nicht vorangehen, und ich wollte es kaum aus der Hand legen. Die Ermittlungsarbeit selbst kam mir realistisch vor und ich mochte, dass auch die privaten Spannungen zwischen den Charakteren einen Einfluss auf ihre Interaktionen und damit die Aufklärung des Falls hatten. Allerdings muss ich sagen, dass ich das Verhalten von Erla oftmals unprofessionell fand und es mich auch ein bisschen stört, dass Huldar und Freyja nach drei Bänden immer noch beinahe auf der Stelle zu treten oder sogar Rückschritte zu machen scheinen, wenn es um ihr Verhältnis zueinander geht. Deshalb fand ich die kleinen Momente, in denen hier etwas passierte, gut; die Konflikte zwischen den Protagonisten sind zwar an sich glaubwürdig und sie beleben die Geschichte durchaus, aber ich fände es schön, wenn es eine deutlichere Entwicklung geben würde. Positiv hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Figuren alle ausgeprägte Stärken und Schwächen haben und Fehler machen, was sie greifbarer und echter gemacht hat.

Da "R.I.P." mich gut unterhalten hat und ich die Handlung weitgehend fesselnd fand, vergebe ich 4 Sterne. Ich bin schon sehr gespannt darauf, worum es im nächsten Band gehen wird, und hoffe auf eine Entwicklung im Privatleben der Protagonisten, da dies der Aspekt ist, der mich am meisten stört.