Rezension

Fesselndes Jugendbuch

I can see U - Matthias Morgenroth

I can see U
von Matthias Morgenroth

Bewertet mit 4 Sternen

Als Ben in der 10. Klasse von Marie auftaucht, fühlt sie sich sofort zu dem netten, gutaussehenden Neuen hingezogen. Schon bald ist der faszinierende Mitschüler bei allen in der Klasse sehr beliebt. Kaum zu glauben, dass er die eher unscheinbare Marie überhaupt wahrnimmt und Zeit mit ihr verbringen möchte. Sie schwebt auf Wolke Sieben, denn fast scheint er sogar ihre geheimsten Wünsche erraten zu können. Doch plötzlich ereignen sich seltsame Dinge, die die Klassengemeinschaft auf eine harte Probe stellen und Unfrieden schüren. Im Klassenchat werden anonym Fake-Fotos von Marie und ihrer besten Freundin Elli und Geheimnisse von Mitschülern verbreitet, andere erhalten von einem Lieferservice Sachen zugesendet, von denen kurz zuvor in der Klasse geredet wurde.
Wer kann nur dahinterstecken? Was hat dies alles mit den Umbauarbeiten in der Schule und Bens manchmal etwas merkwürdigem Verhalten zu tun?
Langsam werden Marie und ihre Freunde misstrauisch und vermuten schließlich, dass sich etwas Größeres hinter den unerklärlichen Geschehnissen verbirgt. Doch wird es ihnen gelingen, den Hintergründen auf die Spur zu kommen?
Schon seit vielen Jahren schreibt der deutsche Journalist Matthias Morgenroth neben seiner Arbeit als TV- und Radioredakteur beim Bayerischen Rundfunk Kinderbücher und Sachbücher für Erwachsene.
Mit “I can see U” hat er nun seinen ersten Jugendroman vorgelegt, der sich  hochaktuellen Themen wie Cybermobbing, mangelnder Medienkompetenz, den Gefahren der Social Media und den Risiken der Digitalen Welt beschäftigt und sich vor allem an jüngere Jugendliche ab 12 Jahren richtet.
Das eigentlich nicht sehr auffällige Cover in Schwarz-Weiss passt sehr gut zur Geschichte und zeigt das nahezu perfekte Gesicht des rätselhaften neuen Mitschülers Ben, der mich mit seinem intensiven, unergründlichen und fast unheimlichen Blick auf Anhieb gefesselt und auch die etwas naive, unscheinbare Ich-Erzählerin und Hauptfigur Marie nicht mehr losgelassen hat. Sehr fesselnd ist es, gemeinsam mit Marie auf das Geheimnis hinter dem so perfekt scheinenden Ben zu kommen und seine Rolle im Laufe der Handlung schrittweise zu ergründen.
“Er ist eben ein Individuum. Ich seufzte. Er war schon etwas merkwürdig. Aber Menschen sind ja grundsätzlich etwas merkwürdig. Es hat doch jeder seine Macken. Oder?« Schon bald nach Bens Auftauchen wird klar, dass hier einiges nicht stimmt und nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. »Wir schwiegen und lauschten dem Gedanken nach, der über uns kreiste. Es ging nicht mehr nur um eine Hirn-Schnittstelle. Es ging nicht mehr nur darum, dass Ben kein Handy benutzte, dass er uns ausspioniert und Dinge an irgendwen weitergegeben hatte. Plötzlich ging es um mehr. Um etwas wirklich Großes. So groß, dass wir es kaum zu denken vermochten.«
Morgenroth hat sich eine etwas mysteriöse, sehr spannende Geschichte ausgedacht, die zwar erst etwas schleppend in Gang kommt, sich dann aber immer mehr zu einem packenden Jugendthriller entwickelt, dem man nicht mehr aus der Hand legen kann. Der flotte, jugendliche Schreibstil mit viel wörtlicher Rede, eingefügten E-Mails und Chatverläufen lässt sich sehr angenehm lesen.
Sehr eindringlich und anschaulich zeigt der Autor in seiner Geschichte auf, mit welcher Sorglosigkeit, die meisten Leute mit den neuen Medien umgehen, welche ungeahnten Gefahren von ihren ausgehen und wie leicht wir von anderen unbewusst manipuliert werden können. Hierbei geht er sogar noch einen Schritt weiter und beleuchtet einige beängstigende Aspekte, die in naher Zukunft vielleicht schon denkbar sind und unser Leben grundlegend verändern werden.

MEIN FAZIT
Ein wirklich fesselndes Jugendbuch, das wichtige und sehr beklemmende Themen anspricht, zum Nachdenken anregt und uns in einigen Bereichen vielleicht auch zum Umdenken und bewussteren Umgang mit neuen Medien bringt.
Lesenswert!