Rezension

Flach!

Escape Room - Nur drei Stunden - Chris McGeorge

Escape Room - Nur drei Stunden
von Chris McGeorge

Bewertet mit 1.5 Sternen

„Escape Room“ reichte Chris McGeorge unter dem Titel „Dead Room“ ursprünglich als Abschlussarbeit seines Studiums in Kreativem Schreiben ein. Vor diesem Hintergrund muss man anerkennen, dass ihm ein größtenteils flüssig zu lesender Erstling gelungen ist. Eingefleischte Thrillerfans wird er mit „Escape Room“ aber schwerlich überzeugen können. Geschichte und Charaktere sind simpel hoch drei gestrickt.

Der alkoholabhängige TV-Ermittler Morgan Sheppard und fünf weitere Personen (eine nette Kellnerin, ein Hotelangestellter, eine psychisch durchgeknallte Schauspielerin, ein cholerischer Anwalt und eine unter Klaustrophobie leidende Schülerin) erwachen in einem verriegelten Hotelzimmer. Im Bad finden sie eine Leiche. Per Liveschaltung teilt ihnen ihr Entführer mit, Sheppard müsse den Mord innerhalb von drei Stunden aufklären und den Mörder – der sich unter den Anwesenden befinde – entlarven, andernfalls werde er das Hotel in die Luft jagen.

Whodunits sind genau mein Ding… wenn sie gut gemacht sind. Hier kam die Ernüchterung sehr schnell. Chris McGeorge kann die Spannung mithilfe bewährter Methoden eine Weile halten – kurze Kapitel, Cliffhanger, Andeutungen, Rückblicke in Sheppards Vergangenheit. Leider schafft er es nicht, die Ereignisse ansatzweise glaubwürdig erscheinen zu lassen.

Die Personen handeln nie so, wie man es eigentlich erwarten würde, sondern lediglich nach dem vom Autor verpassten schlichten Charakter-Schema. Die religiöse Schauspielerin orakelt den Zorn Gottes, der cholerische Anwalt pöbelt herum, die an Klaustrophie leidende Jugendliche kauert unter einem Tisch. Niemand kommt auf die Idee, logisch und in aller Ruhe nach einer Lösung zu suchen. Der jähzornige Anwalt ging mir schon nach wenigen Seiten so sehr auf den Keks, dass ich inständig hoffte, er möge das nächste Opfer des unbekannten Mörders werden. Desgleichen die bibelfeste Schauspielerin.

Auch bei Agatha Christie glänzen die Charaktere nicht eben durch Tiefe, doch besitzen ihre Bücher diesen klassischen Ermittlungscharme, der auf den methodischen Recherchen eines charismatischen Detektivs beruht. In „Escape Room“ handeln alle Akteure völlig kopflos.

(Spoiler) Als Beispiel sei die Szene genannt, in der Morgan Sheppard jeden einzelnen Namen der Anwesenden laut ausspricht, in der Erwartung, dass alle daraufhin frei gelassen werden, da sich unter den Namen schließlich auch der des zu erratenden Mörders befinden müsse und damit die Forderung des Entführers nach Enthüllung der Täteridentität erfüllt sei. Autsch! (Spoiler Ende)

Der Titel ist aus Marketingsicht ein Treffer. Auch mich hat die Aussicht auf ein „Escape-Room“-Mysterium gereizt. Aufgrund des Namens hoffte ich, dass ich als Leser ein bisschen gefordert werde und die Chance habe, selbst mitzurätseln. Leider umsonst! Ich habe schon Drei-Fragezeichen-Bücher gelesen, die cleverer aufgebaut waren. Einige Erklärungen, Twists und Finten sind so angestaubt, teilweise so naiv und bar jeder Logik, dass es weh tut. Den Mörder hatte ich schon nach den ersten Kapiteln erraten, weil der Autor den wirklich ältesten Trick der Welt anwendet. Der komplette Fall ist dann 100 Seiten vor Schluss im Grunde gelöst und zieht sich bis zum Ende nur noch dahin.

So las ich und las, und ja, das Lesen fiel mir leicht, aber ehrlicherweise gab es innerhalb des kompletten Buches vielleicht drei, vier Textstellen, die mich wirklich fesseln konnten. Der Großteil der Geschichte hinterließ bei mir keinen bleibenden Eindruck.

Fazit: Super Idee, eindimensional und wenig clever umgesetzt. Mich hat das Buch die meiste Zeit schlichtweg gelangweilt. Stellenweise konnte ich über die absurden Reaktionen der Protagonisten nur den Kopf schütteln.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 24. November 2019 um 17:12

Oh, lexie. Da dachte ich, ich könnte auch mal wieder so was lesen - und guck mal, was sagen vertrauenswürdige Rezensenten dazu - und dann DAS.

"Der jähzornige Anwalt ging mir schon nach wenigen Seiten so sehr auf den Keks, dass ich inständig hoffte, er möge das nächste Opfer des unbekannten Mörders werden. Desgleichen die bibelfeste Schauspielerin". Wurden deine Wünsche erhört?

Mehr eine Fingerübung für einen künftigen, aber noch nicht sattelfesten Autor.

lex kommentierte am 24. November 2019 um 22:12

Mehr eine Fingerübung für einen künftigen, aber noch nicht sattelfesten Autor.

Exakt! Ich habe zufällig gesehen, dass der Autor inzwischen ein zweites Buch veröffentlicht hat und nur diesen einen Satz in einer 1-Stern-Rezi gelesen, da war mir klar, er braucht noch SEHR viel Übung: :-)

"IN MY OPINION, THIS NOVEL READS LIKE THE WORK OF A FLEDGLING WRITER. It's a great premise. A more seasoned author could turn it into a bestseller."

wandagreen kommentierte am 24. November 2019 um 22:25

Hemingway meinte, "Eine Prise Talent (oder zwei Prisen) und jede Menge Disziplin". Und er meinte, die meisten scheitern an letzerem. Da hat er recht. (Es ist nicht wörtlich, nur sinngemäß zitiert).