Rezension

Fleißarbeit

Simon Wiesenthal - Tom Segev

Simon Wiesenthal
von Tom Segev

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine gute Biographie, eine Fleißarbeit, die sich leicht lesen lässt. Keine Verklärung der Person Wiesenthals, auch persönliche Eitelkeiten kommen zur Sprache.

Wiesenthal, Überlebender von zwölf Konzentrationslagern und Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, suchte nach dem Zweiten Weltkrieg nach ehemalige Nazigrößen. So wurde unter seiner Mitwirkung Adolf Eichmann in Buenos Aires 1960 verhaftet. Auch andere KZ-Aufseher und NS-Verbrecher spürte Wiesenthal in Südamerika, Kanada und den USA auf.

Wiesenthals Arbeit war relativ unspektakulär. Sie glich der eines passionierten Sammlers. In mühevoller Schreibtischarbeit trug Wiesenthal viele Informationen geduldig zusammen. Dabei handelte es ich überwiegend um die Erlebnisse ehemaliger Lagerinsassen über ihre Folterer, mündlich überliefert oder schriftlich protokolliert. Den darin enthaltenen Hinweisen ging der „Nazijäger“ Wiesenthal nach. Er verdankte seine Erfolge seinem photographischen Gedächtnis und der kriminalistischen Kombinationsgabe, mit der er die verschiedenen Zeugenaussagen zu einem Puzzle zusammensetzte. Durch das Auswerten unzähliger Briefe entstand eine einzigartige Sammlung, ein Archiv von Schauplätzen, Ereignissen und Namen.

Hatten sich dank dieser Sisyphusarbeit Namen und Spuren ehemaliger Täter herauskristalliert, begann für Wiesenthal erneut eine Odysee: die nervenaufreibende Auseinandersetzung mit Behörden und Dienststellen im In- und Ausland. Diese galt es nun zu überzeugen, dass fundierte Hinweise auf ehemalige Kriegsverbrecher vorlagen. Erst dann konnte er für deren Verhaftung und Auslieferung zu sorgen. Viel Detailarbeit, Geduld und Glück waren ausschlaggebend für den Erfolg.