Rezension

Flottes Jugendbuch mit großem Suchtfaktor und authentischen Charakteren!

Das Gegenteil von Hasen - Anne Freytag

Das Gegenteil von Hasen
von Anne Freytag

Als ich vor knapp drei Jahren im Urlaub "Den Mund voll ungesagter Dinge" beendet habe, beschrieb ich es in der dazugehörigen Rezension als "einfach schön". Anne Freytag hat darin bereits eindrucksvoll bewiesen, dass sie charmante Charaktere entwerfen kann, die aus dem echten Leben zu stammen scheinen. Das sommerliche Gefühl, das meine Brust erfüllt, wenn ich an das Buch zurückdenke, war Auslöser für meine hohe Erwartungshaltung gegenüber "Das Gegenteil von Hasen".

 

Der Schreibstil der Autorin ist ab der ersten Seite wieder sehr flüssig und lässt sich gut lesen. Bis zum letzten Kapitel kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, so groß ist der Suchtfaktor. Sie entwirft ein spannendes Szenario, das neben seinem Unterhaltungswert auch noch einen Miträtsel-Effekt kreiert, der das Lesepublikum in den Bann schlägt.

 

Die auftretenden Figuren sind authentisch ausgearbeitet und vielseitig. Es bereitet richtig Freude, sie auf den vierhundert Seiten zu begleiten. In der vorliegenden Geschichte verblassen die Grenzen, die klassisch "gute" Figuren von den "bösen" trennen, vielmehr erkennt man - wie im wahren Alltagsleben - unterschiedliche Motive wie Rache, Selbstschutz oder Treue hinter den Aktionen der Mitmenschen. Der Buchtitel ist dafür eine schöne Metapher.

 

Die Autorin bedient sich dabei auf geschickte Art und Weise eines Perspektivwechsels, durch den das Lesepublikum einen Überblick über das Innenleben zahlreicher Charaktere erhält. Das weiß bis auf die Szenen, die den Bewusstseinsstrom der Schulleiterin wiedergeben, durchaus zu begeistern; diese sind für den Handlungsfortschritt nur wenig ergiebig. Dass ich mich mit den meisten Figuren selbst gut identifizieren konnte, ermöglicht ein völliges Eintauchen in die Geschichte.

 

Zudem gefällt mir die bunte Bandbreite an Werten, die Freytag ihren Leser*innen mit auf den Weg gibt. Ihr lauter Aufruf zu gegenseitiger Toleranz und gemeinsamer Solidarität und gegen soziale Ausgrenzung aller Art ist eine starke Botschaft für die jugendliche Zielgruppe. Die angesprochenen Thematiken haben einen großen Alltagsbezug, wodurch die Autorin ihr Feingefühl für die heutige Generation unter Beweis stellt. Denn: sie veralbert sie nicht in von Klischees triefenden Parodien, sondern nimmt die Jugendlichen und mitsamt ihren Ängsten, Sorgen und Problemen ernst.

 

Der großartige Miträtsel-Effekt, der das hohe Erzähltempo mit sich zieht, wird leider etwas gemildert durch das etwas ernüchternde Ende. Ich möchte nicht sagen, dass mir das Ende nicht gefallen hat, denn es kam definitiv unerwartet. Aber leider ist es etwas hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben und konnte somit nicht mit der Qualität des restlichen Romans mithalten. Eine langfristige Wirkung bleibt bei der vorliegenden Lektüre aus, denn dadurch geht die Handlung nicht genügend in die emotionale Tiefe. Dennoch liegt hier ein leicht zu lesendes, amüsantes Jugendbuch vor, das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann.

"Das Gegenteil von Hasen" ist ein flottes Jugendbuch mit großem Suchtfaktor und authentischen Charakteren, das auf seinen vierhundert Seiten durchweg zu unterhalten weiß.