Rezension

Fortsetzung der charmanten Reihe um die jüngere Schwester des Meisterdetektivs, die Aufklärung des Falls ist allerdings etwas abenteuerlich

Der Fall der linkshändigen Lady - Nancy Springer

Der Fall der linkshändigen Lady
von Nancy Springer

Bewertet mit 4 Sternen

Enola ist inzwischen in London sesshaft geworden und hat sich mit einem Büro für verschwundene Gegenstände und Personen selbstständig gemacht. Um vor ihre Brüdern im Verborgenen zu bleiben, lebt und arbeitet sie mit wechselnden Identitäten, ist tagsüber wahlweise Sekretärin Ivy Meshle des imaginären Inhabers des Detektivbüros Dr. Ragostin oder seine Ehefrau, während sie nachts als stumme Nonne die Armen im East End Londons versorgt. 

Enola ist weiterhin auf der Suche nach ihrer verschwundenen Mutter, mit der sie mittels Chiffren in Zeitungen und Zeitschriften heimlich kommuniziert. Abgelenkt wird sie dabei vom Verschwinden der jungen Lady Cecily Alistair, die eines nachts im Nachtgewand aus ihrem Schlafzimmer entschwand. Enola fühlt sich mit der Gleichaltrigen, die wie sie nach mehr Freiheit drängte, verbunden und versucht sie aufzuspüren. Dabei muss sie einerseits auf der Hut vor all den dunklen Gestalten in den Armenvierteln Londons sein und andererseits vor ihrem Bruder Sherlock, der ihn inzwischen auf der Spur ist. 

"Der Fall der linkshändigen Lady" ist der zweite Band der Enola Holmes-Reihe, der smarten kleinen Schwester des Meisterdetektivs und handelt wenige Monate später im Frühjahr 1889. Der Roman ist ähnlich aufgebaut wie Band 1 und handelt einerseits von der Suche nach der Mutter unter Verwendung kniffliger Geheimbotschaften und andererseits von der Lösung eines ominösen Kriminalfalls, in den sich die junge Enola einmischt. 

Die Atmosphäre Londons Ende des 19. Jahrhunderts wird anschaulich eingefangen und wieder spielen die Unterdrückung der Frau, der Kampf der Arbeiterklasse, die Unterschiede von Arm und Reich und der Wunsch nach Freiheit eine übergeordnete Rolle, während der Ermittlungen und Spurensuche. Der Roman ist kurzweilig und spannend und es macht Spaß zu lesen, wie Enola die Menschen an der Nase herumführt und sich immer wieder neue clevere Verkleidungen ausdenkt. Sie ist eine Heldin, mit der man sich gerne identifiziert, da sie mit ihrer Auffassungsgabe und ihrem logischen Denkvermögen ihrem großen Bruder in nichts nachsteht. 

Die Hintergründe und die Aufklärung des Falls um die verschwundene junge Lady sind etwas abenteuerlich, passen damit allenfalls zur Zielgruppe der jugendlichen Leser, während ich den Eindruck hatte, dass die politischen Themen dafür etwas zu viel Raum einnehmen und in der Intensität etwas ermüdend und zu plakativ sein könnten. Enola habe ich jedoch ins Herz geschlossen und freue mich auf weitere Teile der charmanten Buchreihe.