Rezension

Französisch-vietnamesisches Familienepos

Die Tochter des Seidenhändlers - Dinah Jefferies

Die Tochter des Seidenhändlers
von Dinah Jefferies

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Roman wie der vorliegende, der eine interessante Familiengeschichte mischt mit vielen Informationen über eine fremde, hier die vietnamesische Kultur, trifft meinen Lesegeschmack gut.

Die Geschichte ist angesiedelt in Vietnam, vorwiegend Hanoi, zu Beginn der 50er Jahre. Die 18jährige Nicole – Tochter eines Franzosen und einer Vietnamesin – ist hin und hergerissen zwischen zwei Welten. Immer stand sie im Schatten ihrer schönen älteren Schwester Sylvie, die das europäische Aussehen ihres Vaters geerbt hat, während Nicole äußerlich nach ihrer verstorbenen Mutter geraten ist. Als der Vater , ein wohlhabender Seidenhändler, einen wichtigen Regierungsposten übernimmt, wird Sylvie die Leitung des familieneigenen Seidenimperiums übertragen, während Nicole nur einen aufgegebenen Stoffladen im vietnamesischen Viertel von Hanoi erhält. Es ist die Zeit, in der vietnamesische Rebellen gegen die französische Kolonialherrschaft kämpfen. Nicole muss erkennen, dass ihre eigene Familie eine wichtige Rolle in dem Konflikt spielt. Selbst erregt sie bei den Franzosen Misstrauen und fühlt sich von ihrer Familie im Stich gelassen. Sie beginnt sich zu fragen, wo ihre Loyalitäten liegen. Obendrein ist sie noch zwischen zwei Männern hin und hergerissen – dem von der Sache der Vietminh überzeugten Vietnamesen Tran und dem charmanten und schönen amerikanischen Geheimdienstler Mark. Nicole wird tief in den brutalen französisch-vietnamesischen Krieg hineingezogen und weiß nicht mehr, wem sie vertrauen kann, ist doch niemand das, was er zu sein scheint.

Die Autorin, die ihre ersten Kindheitsjahre in Malaysia zubrachte, ist prädestiniert, einen Roman zu schreiben, der in einem exotischen Land spielt. Die Bezeichnung „Kopfkino Edition“ auf dem Cover trifft haargenau zu. Leute und Umgebung sind so bildhaft beschrieben, dass man sich quasi an den Ort des Geschehens hineinversetzt fühlt. Ob es um Geräusche, Essen, Kleidung, die Seidenstoffe oder den berühmten Eierkaffee geht – alles hat man gut vor Augen. Der besondere Konflikt des Mischlingskindes Nicole wird gut herausgearbeitet. Gelungen ist, wie viel über die Geschichte des asiatischen, mir nicht so geläufigen Landes Vietnam zu erfahren ist. Es empfiehlt sich, vor der eigentlichen Lektüre den historischen Abriss im Anhang zu lesen. Denn wer weiß schon wirklich etwas von der französischen Kolonialisierung Vietnams, die Unabhängigkeitsbestrebungen der Vietminh, die französischen und amerikanischen Vietnam-Kriege? Auf vieles wird in der Geschichte eingegangen und sie ist sehr lehrreich. Als gelungene Mischung aus Historiengeschichte, Drama, Romanze sowie Abenteuer und mit seiner Themenvielfalt (Korruption, Intrigen, Verrat) spricht das Buch sicherlich eine unterschiedliche Leserschaft an.

Ein sehr empfehlenswertes Buch.