Rezension

Frauen im historischen Asien

Die Lotosblüte
von Hwang Sok-Yong

Bewertet mit 3 Sternen

Meine Meinung

Ich tauche literarisch sehr gerne in fremde Welten ein. Mit diesem Buch war ich in Südkorea, in China und auf den Japanischen Inseln und dies in einem Zeitraum von ca. 60 Jahren. Wir befinden uns in der Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts, als Chong aus ihrer Heimat Südkorea nach China in die Prostitution verkauft wird. Aus Chong wurde Lenhwa, die Lotosblüte. Ihr Weg geht aber weiter über mehrere chinesische Stationen, als aus Lenhwa Lotos und schließlich Lenka, die als Frau eines Fürsten aus Ryūkyū wird und endlich ein ehrbares Leben führt.

Der Autor erzählt über Chong die Geschichte der Frauen aus der Zeit im 19. bis Anfang 20. Jahrhundert. Und diese ist traurig, hart und voller Gewalt. Nicht selten wurden junge Mädchen entführt oder sogar von ihren Familien verkauft und landeten in Bordellen, in denen sie Prostituierte und manchmal auch zu Geishas ausgebildet wurden. Dabei lernten sie spezielle Teezeremonien, Tanz, Konversation und Instrumente spielen.

Der Schreibstil des Autors ist sehr detailreich und oftmals mit erotischen Beschreibungen gespickt, die m.M.n. dadurch die Gewalt an Mädchen und Frauen verharmlost. Diese Passagen lesen sich lustvoll, obwohl man davon ausgehen kann, dass Frauen dabei keine Lust verspürt hatten.

Als Leser*in erfährt man viel über die Historie von Südkorea, China und Japan. Leider werden aber nie Daten und Jahreszahlen genannt und man muss sich somit selbst auf die Suche begeben und recherchieren. Die alten Namen der Städte erschweren zudem die Recherche. Ich habe viel Zeit im Internet auf Wikpedia und Google Maps verbracht, um der Reise von Chong zu folgen und zu verstehen, was gerade politisch geschehen war. Eine Karte mit den wichtigsten Städten und Chongs Reiseroute wäre ein großer Gewinn für das Buch gewesen. Sehr schade, dass während des Lektorats niemand auf diese Idee gekommen war. Immerhin gibt es am Ende ein Glossar mit den wichtigsten ausländischen Begriffen. Das hat mir sehr gut gefallen.

Trotz des Bildreichtums der Sprache schafft es Hwang Sok-Yong nicht, den*die Leser*in für das Schicksal von Chong und all den anderen Frauen zu begeistern. Etwas distanziert stolpert man von Lebensabschnitt zu Lebensabschnitt, obwohl das erste Viertel noch begeistern konnte.

Gerade im letzten Viertel vollzieht der Autor einen Erzählbruch, der das Lesen ziemlich erschwert. Politik, Kämpfe und Machtscharmützel gelangen in den Vordergrund. In der Weltgeschichte ist viel passiert und alles findet auf ein paar wenigen Seiten Platz im Buch. Dabei ist Chong nur noch eine Randfigur. Die Jahressprünge werden größer und als jemand, der sich mit der asiatischen Geschichte nicht so auskennt, fühlt man sich inhaltlich etwas abgehängt.

 

Fazit

Ein opulentes Buch mit viel Historie, in dem der Fokus auf das Leben der Frauen im 19. Jahrhundert gesetzt wird. Wer neben dem Lesen auch noch gerne weiter recherchiert, ist bei diesem Buch ganz richtig. Alle, die eine spannende Geschichte über eine Frau erwarten, die sich über das männliche Geschlecht stellt und ihr Leben wirklich in die Hand nimmt, werden eher enttäuscht sein und sollten die Finger vom Buch lassen. Ein insgesamt gutes und aufschlussreiches Buch mit einigen Schwächen, die leider das Lesen erschweren.