Frauen sind toll?!
Bewertet mit 4 Sternen
«Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben» erzählt die Geschichte von der bald fünfzigjährigen Nina, zweifache Mutter und geschiedene Ehefrau. Ihre Perspektive wird in der Ich-Form erzählt, während ihre Schwester Lena, und gelegentlich deren Mann Flori und Schwarm David, durch die dritte Person mit mehr Abstand auftreten. Ninas seelische Verfassung ist seit der Scheidung gebeutelt. Kritisch sieht sie ihr Leben, ihr Älterwerden und erst recht die aufkeimenden Gefühle für einen jüngeren Mann. Zu groß ist das Gefühl der Scham über das eigene Scheitern und das Pflichtbewusstsein für ihre eigene Familie, insbesondere ihre plötzlich pflegebedürftige Mutter, und der noch immer schmerzende Verlust des Vaters. Ninas innere Dialoge lassen tief blicken, zeigen aber auch, wie reflektiert sie ist, was eine authentische Entwicklung zur Folge hat.
Anika Decker kritisiert selbstironisch unsere Gesellschaft. Ob Grunewald-Lebensentwürfe, Scheidung, Influencer, der Wahrheitsgehalt auf Social Media oder fehlende gegenseitige Unterstützung unter Frauen. Sie macht allgegenwärtige Ungerechtigkeit sichtbar und eröffnet mit MeToo und den Vorfällen bei den Dreharbeiten eine Nebenhandlung, die Nina und ihrer besten Freundin Zeynep eine Rolle verleihen, die mir ganz besonders gefallen hat. „… niemand darf mich wie einen Spielstein hin und her schieben.“ Es geht um Macht und Geld, aber auch um Hoffnung und die Botschaft, dass es sich immer lohnt, zu kämpfen. Herzergreifend, auflockernd komisch und eine wunderbare Mischung aus Unterhaltung und Inspiration. Dazu passt auch das vielleicht ein bisschen kitschige Ende, bei dem einem „feierlich zumute“ wird.