Rezension

Frausein zwischen Konventionen und Genuss

Butter -

Butter
von Asako Yuzuki

Bewertet mit 5 Sternen

Persönliche Entwicklung vor japanischer Gesellschaftkulisse

Vordergründig ist dies die Geschichte von Rika, einer jungen Journalistin aus Tokio, die im Job noch etwas reißen will und begeistert ist, als sie auf die Geschichte der Serienmörderin Manako stößt, die etliche Männer erst mit ihren Kochkünsten verführt und dann getötet haben soll. Unter der Bedingung, nur über ihre Kochkünste zu sprechen, stimmt Manako den Interviews im Gefängnis zu - und Rika gerät mit jedem Besuch mehr in einen Strudel aus Faszination und Kontrollverlust.

Asako Yuzuki gelingt es, diese ungewöhnliche Story als Basis zu nehmen für eine komplexe Auseinandersetzung mit vielen weiteren gesellschaftlichen Themen, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Die selbstbewusste Manako, deren absolute Leidenschaft das Kochen und Essen ist, entzieht sich der Norm des strengen japanischen Schlankheitsideals und plötzlich beginnt auch Rika den immensen gesellschaftlichen Druck zu spüren, der jedes zusätzliche Kilo mit mangelnder Charakterfestigkeit und Misserfolg gleichsetzt. Manako, die durch ihre Kochkünste ihre Männer an sich binden konnte, lässt Rika über weibliche Fürsorge in ihren eigenen Beziehungen zu ihrem Freund, zu ihrem Vater, reflektieren. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Reika, die aufgrund ihres bislang unerfüllten Kinderwunsches ihren Job aufgegeben hat, versucht sie der Vergangenheit von Manako nachzuspüren und lernt dabei auch ihre persönlichen Lektionen über die Bedeutung von Freundschaft. Und last but ganz bestimmt not least ist dieses Buch nebenbei auch ein unheimlich sinnlicher Genuss - plötzlicher Heißhunger auf zarten Reis mit geschmolzener Butter ist garantiert!

Was ich beim Lesen am meisten geschätzt habe, ist die großartig beschriebene Charakterentwicklung. Die 450 Seiten bieten ausreichend Platz für ein psychologisches Katz-und-Maus-Spiel, Ausflüge in die Tiefenpsychologie, in die persönliche Vergangenheit und für die daraus folgende persönliche Entwicklung der Protagonistin. Die einzelnen Charakterzüge und Gedankengänge waren mir teils zu komplex, um sie wirklich zu durchsteigen, aber das war mir allemal lieber als das Gegenteil. Im letzten Drittel gab es die ein oder andere Länge - wenn man sich einmal akklimatisiert hat, dürfte die Handlung ruhig etwas flotter fortschreiten - für mich bricht hier aber aufgrund der Einzigartigkeit der anderen Aspekte kein Zacken aus der Krone. Wunderbar übersetzt von Ursula Gräfe.