Rezension

Freier Fall

Die Ungehaltenen - Deniz Utlu

Die Ungehaltenen
von Deniz Utlu

Bewertet mit 5 Sternen

Die Ungehaltenen ist ein besonderes Buch.
Elyas lebt in Berlin. Er studiert Jura, zumindest sagt er das seiner Mutter, in Wirklichkeit geht er schon lange nicht mehr an die Uni, er lässt sich lieber treiben, besucht seinen Kumpel Veit in der Bar, zieht durch die Nächte. Dann stirbt sein Vater und Elyas fällt ins Bodenlose.
Mir hat gefallen, wie dieser Fall im Buch passiert - nämlich durch die Abwesenheit von Geschriebenem. Elyas ist da und doch wieder nicht. Elyas verliert den Anschluss an sein Leben und das seiner Freunde. Nur seine Mutter, Onkel Cemo und Hekim, ein Kindheitsfreund, bleiben. Und dann taucht Aylin wieder auf, die er vorher immerhin schon ein- oder zweimal gesehen hatte, und irgendwas an ihr zieht ihn wieder ins Leben.
Ich mag, wie in diesem Buch die Dinge nicht geschrieben werden und doch da stehen. Ich mag, wie mich Utlus Sprache mitzieht: Hekims Raps habe ich beim Lesen hören können. Nicht zuletzt mag ich, dass ich die Berliner Orte wiedererkenne, an denen das Buch handelt. Mir macht es Lust, auch Istanbul und Trabzon kennenzulernen. Mir hat auch gefallen, wie sich das Buch auf Elyas konzentriert und ein paar Menschen wie Veit und Lara einfach rausfallen. Das hat mich zwar zuerst ein bisschen irritiert - man erwartet von Büchern eine Auflösung der angefangenen Geschichten - gefällt mir aber in der Rückschau besonders, es entspricht dem Leben.
Das Buch ist nichts für Menschen, die eine abgeschlossene Geschichte mit einer runden Handlung erwarten. Das Buch ist umso mehr etwas für Menschen, die sich gerne von schöner Sprache mitziehen lassen und die auch keinen rechten Plan davon haben, was das mit dem Leben eigentlich soll und trotzdem weiterleben.