Rezension

Frühzeitige Auflösung verdirbt den Nervenkitzel

Alles, was du fürchtest - Peter Swanson

Alles, was du fürchtest
von Peter Swanson

Bewertet mit 3 Sternen

Wem kannst du vertrauen

„Wieder das Geräusch. Es kam von der Tür, die in den Keller führte. Sie öffnete die Tür, und da stand Alan und streckte ihr die Hände entgegen.“

 

Inhalt

 

Nachdem Kate Priddy Opfer eines gewalttätigen Freundes geworden ist, der sie traumatisierte, leidet sie unter Panikattacken und fühlt sich in jeder Lebenssituation bedrängt. Immer rechnet sie mit dem Schlimmsten und versucht nun einen Neuanfang in Boston zu wagen. Ihr Cousin Corbin hat ihr einen Wohnungstausch angeboten, der es ihr ermöglicht, die Enge ihrer Londoner Wohnung hinter sich zu lassen und sich stattdessen im geräumigen Appartement des Verwandten einzurichten. Aber an dem Tag, als sie ihr neues Domizil bezieht, wird bekannt, dass ihre jetzige Nachbarin zum Mordopfer geworden ist. Und als sich kurz nach ihrer Ankunft der gutaussehende Alan, der ebenfalls im Gebäudekomplex lebt, um die Bekanntschaft mit ihr bemüht, bleibt Kate ein Nervenbündel. Sie weiß einfach nicht, wem sie vertrauen kann und wer es nicht gut mit ihr meint. Für die Polizei rückt wenig später auch noch ihr Cousin Corbin ins Visier der Ermittlungen, so das Kate auf eigene Faust Recherchen durchführt. Wenig später entdeckt sie Fotos von Frauenleichen im Keller, die ganz genauso ermordet wurden, wie die Nachbarin. Für Kate ist es eindeutig: diesmal wird sie nicht mit dem Leben davonkommen …

 

Meinung

 

Der amerikanische Autor Peter Swanson hat sich bereits mit mehreren Spannungsromanen einen Namen gemacht und wird von der Presse für sein rasantes Tempo und die unvorhersehbaren Wendungen in seinen Thrillern gelobt. Dieses Buch ist mein erstes aus der Feder des Autors und ich habe mich auf psychologisch spannende Lesestunden mit dem entsprechenden Nervenkitzel gefreut. Leider gelingt es dem Autor nicht, mich von seinem Werk zu begeistern, gerade im Genre der Psychothriller ist diese Erzählung doch eine schwächere, der es an Überraschungsmomenten und einer gewissen Logik fehlt.

Zunächst einmal kommt die Geschichte mit einer überschaubaren Handlung daher, nur wenige Protagonisten, alle werden ausführlich und detailliert beschrieben, so dass sie eine gewisse Rolle spielen und diese auch begleiten. Intensiv geht Swanson auf Kates Nervosität ein, auf Corbins zu Gewaltausbrüchen neigenden Charakter ebenso wie auf Alans Unvermögen direkten Kontakt zwischen sich und seiner Angebeteten herzustellen. Stilistisch nutzt der Autor dazu wechselnde Erzählperspektiven, die jeden der handelnden Personen zu Wort kommen lassen. Dadurch entsteht ein objektiver, weitsichtiger Blick des Lesers auf das Geschehen, weil man immer mehr weiß, als die Betroffenen selbst – dieses Element hat mir zugesagt und die Lektüre über weite Strecken abwechslungsreich und interessant gestaltet.

Die Charaktere selbst strapazierten allerdings meine Nerven. Nicht nur, dass es die stets wiederkehrenden Handlungen von ihnen sind, die der Geschichte den Wind aus den Segeln nehmen, nein es sind allesamt sehr fragwürdige, nicht wirklich lebensechte Figuren, die hier ein ebenso ungewöhnliches wie anstrengendes Miteinander führen. Gerade für die Hauptprotagonistin fehlte mir definitiv das Verständnis, denn obwohl sie doch kaum aus der eigenen Haut kann und von ihren Panikattacken dominiert wird, begibt sie sich wissentlich und vollkommen unerschrocken immer wieder in Gefahrensituationen. Verschreckt und leichtgläubig – keine direkt glaubwürdige Charakterkombination. Ein weiteres Manko des Thrillers ist die viel zu frühe Bekanntgabe der eigentlich elementaren Wendung im Handlungsverlauf. Der Autor schafft es doch tatsächlich, bei knapp der Hälfte des Buches die Auflösung zu präsentieren und es kommt danach auch kein nennenswerter Wandel. Stattdessen katapultiert er den Leser nun in den Kopf des Mörders und beschreibt aus allen Facetten die Beweggründe und Motive in der verqueren Denkweise eines Serienkillers. Gerade dieser Schachzug hat mir die Lesefreude vergällt, insbesondere weil Vieles so banal so ohne schwerwiegenden Grund passiert.

 

Fazit

 

Ich vergebe 3 Lesesterne für einen gut lesbaren, lockeren Thriller, dem es allerdings an Spannung und Logik fehlt. Inhaltlich ist es mal eine andere, nicht so vorhersehbare Situation, die auch mit wenig Blut und Schockelementen auskommt. Doch die psychologische Komponente wird nicht so deutlich, wie erhofft. Mein Urteil: Kann man lesen, muss man aber nicht. Die angerissene Thematik über Stalking hat mir gut gefallen und ich hätte mir gewünscht, dass dieses Phänomen, andere aus der direkten Nähe zu beobachten, ohne selbst unter Beobachtung zu stehen ausführlicher beleuchtet wird – doch auch das verläuft irgendwie im Sand. Schade, hier bleiben die guten Ansätze im Keim stecken und münden in einen mittelmäßigen Roman, der mir nur wenig Gänsehautmomente beschert hat.