Rezension

Für alle, die manchmal im Summen des Kühlschranks eine Melodie zu hören glauben.

Ich komme mit - Angelika Waldis

Ich komme mit
von Angelika Waldis

Bewertet mit 5 Sternen

Zweisamkeit - Leben ist eine Schneeflocke, ist ein Geschenk  und ist etwas vor dem Sterben. Jedoch man kann´s nur einmal auspacken. Die Autorin Angelika Waldis hat einen der besten Romane des Herbstes verfasst. Pointiert und tiefgründig zugleich, mit gekonnter Abwesenheit von Pathos, erzählt sie aus zwei Perspektiven. Es ist ein Kammerspiel, eine ungewöhnliche Freundschaft. Seit 42 Jahren wohnt Vita Maier in dem Haus in der Torstraße 6. Als junge Mutter ist sie hier eingezogen. Doch längst ist der Sohn aus dem Haus, der Mann unter der Erde. Für ihren Nachbarn, den Studenten Lazy, ist Vita die Alte von oben, denn für Lazy gibt es nur seine Freundin Elsie. Doch so plötzlich, wie die Liebe kam, und ebenso heftig, kommt die Krankheit. Sie verscheucht Elsie und die Zukunft. Im Treppenhaus liest Vita einen mageren, erschöpften Lazy auf und nimmt ihn zu sich, um ihn mit Wurstbroten aufzupäppeln. Eine ungewöhnliche, lustige und seltsam innige Freundschaft entsteht. Dann kommt der Tag, an dem ein neues Blutbild die Zuversicht kaputt macht. "Ich steige aus", sagt Lazy. "Ich komme mit", sagt Vita. Und so begeben sich zwei Lebensmüde auf eine verrückte letzte Reise. Vita Maier und Lazar Laval sind Nachbarn. "Ich hab von Maier kaum was gewusst. Hab einfach gedacht: freundliche, müde Tante. Aber wenn sie spricht, kommt eigentlich nichts Müdes raus. Sie sagt ziemlich frische Sachen, ungeschälte, ungekochte." Lazar, genannt Lazy, 21-jähriger Student, lebt allein und hat Leukämie. Vita genannt Maier, etwas vereinsamt, beginnt für Lazy zu kochen. Auf einer Reise in die Türkei zu dem prähistorischen Fundort Göbekli Tepe, wo Lazy das Abbild eines Fuchses bewundern möchte, reift bei den Gefährten ein Entschluss. "Vita Maier, Komische Frau Sie erlaubt mir zu sterben, aber nur wenn ich satt bin", denkt Lazy. Aber es wird anders kommen. Wie die alte Vita und der kranke Lazy über das Leben philosophieren und dabei zu Freunden werden. Dieser Roman ist eine sehr bewegende Geschichte über zwei ganz unterschiedliche Menschen, das Abschiednehmen und die Akzeptanz, das Leben und das eigene ganz individuelle Schicksal anzunehmen. Liebevoll geschildert, wie sie sich annähern, sich aneinander festhalten, sich gegenseitig helfen und gegen Trauer und Sterben ankämpfen. Leben ist ein Geschenk. Man kann´s nur einmal auspacken. Eine Geschichte, die man mit einem neuen Gefühl der Verletzlichkeit aus der Hand legt, mit dem Gefühl, dass jeder neue Herzschlag zählt. Eine bewegende, witzige und mitreißende Hymne an das Leben und an das Menschsein - ebenso unterhaltsam wie berührend.