Rezension

Für Gaming-Fans ein Muss!

Morgen, morgen und wieder morgen -

Morgen, morgen und wieder morgen
von Gabrielle Zevin

Bewertet mit 4 Sternen

„Morgen, morgen und wieder morgen“ wäre wohl völlig an mir vorbeigegangen, wenn ich nicht immer wieder gehört hätte, dass das Buch in den USA sehr beliebt war und deswegen auch für den deutschen Buchmarkt als heiß ersehnte Neuerscheinung galt. Ich habe mich auf dieses Abenteuer einfach mal eingelassen. Danach fühlte ich mich bestätigt, dass ich wohl ganz alleine wirklich nicht zugegriffen hätte, aber man wird als Leserin ja auch schon mal festgefahren in den eigenen Genres, weswegen ich diesen Ausflug auf jeden Fall auf seine Art und Weise genossen habe.

Dennoch möchte ich gerne mit den Schwierigkeiten beginnen, die ich bei „Morgen, morgen und wieder morgen“ erlebt habe. Zunächst habe ich vielleicht etwas unterschätzt, in welchem extremen Ausmaß Videospiele eine Rolle einnehmen würden. Es ist nicht so, dass mir diese Welt völlig fremd ist, weil ich genauso einen Game Boy und andere Spielgeräte hatte, weil ich Sims sehr geliebt habe etc. Und dennoch bin ich mir sehr sicher, dass echte Gaming-Fans bei diesem Buch noch eine viel größere Erfüllung finden werden. Was ich an der Darstellung zu schätzen wusste, das war hinter die Kulissen genommen zu werden. Mich hat speziell fasziniert, wie eben die Geschichten hinter den Spielen entstanden sind. Aber kaum, dass es um Grafik, Rechnerleistung etc. ging, da war ich dann doch raus. Das hat mir manche Passagen doch etwas zäh erscheinen lassen. Als zweiten Aspekt möchte ich die Erzählweise nennen. Grundsätzlich ist es chronologisch erzählt, aber eben immer wieder mit Ausnahmen. Gerade am Anfang springt Autorin Gabrielle Zevin viel in der Kindheit und den Anfängen am College hin und her. Später gibt es dann Andeutungen, wie erfolgreich die beiden Protagonisten geworden sind und dann werden Interviewschnipsel eingebunden, die gewisse Vorausdeutungen machen. Ich fand das nicht so clever, eben weil es auch kein durchgängiges Stilmittel war, so dass ich dann lange hinterfragt habe, warum die Autorin sich überhaupt dafür entschieden hat.

Insgesamt habe ich auch den Eindruck, dass „Morgen, morgen und wieder morgen“ vielleicht zu einer klassischen Lektüre für den Schulunterricht aufsteigen könnte. Ich habe mich so oft bei dem Gedanken erwischt, dass hinter so vielen Erzählelementen mehr zu stecken scheint. Manches wie Zeitperspektiven, die ich eben beschrieben habe, die haben sich vielleicht nicht so erklärt, bei anderen habe ich die Intention dagegen schon erschaut. Da muss ich auch sagen, dass man bei über 500 Seiten echt anerkennen kann, dass Zevin etwas geschaffen hat, was nicht so schnell nachzumachen ist. Aber bevor ich dann doch zu sehr in meine Lobeshymnen übergleite, will ich noch den letzten Aspekt nennen, der es mir etwas schwierig gemacht hat. Das waren die beiden Protagonisten. Ich fand weder Sadie noch Sam besonders sympathisch. Erstere konnte ich aber noch deutlich besser als ihn verstehen. Dennoch würde ich nicht unbedingt behaupten wollen, dass es daran liegt, dass sie oberflächlich geblieben sind. Nein, wahrlich nicht, aber sie sind auf eine Weise beide sehr egoistische Menschen, sie sind beides keine Kommunikationskünstler und das hat manches echt anstrengend gemacht. Dennoch wurden sie in sich schlüssig erklärt, aber einfach war es nicht. Nun ist das Positive aber, dass ich mit den Figuren auch gewachsen bin. Das Buch deckt so einige Jahre ab und spätestens am Ende, als Sadie und Sam in etwa so alt wie ich sind, da habe ich mich in vielen Gedankengängen auf einmal überdeutlich wiedererkannt. Das hat mich dann sogar auch richtig berührt. Deswegen dachte ich mir, dass ich vielleicht die früheren Zeiten besser gefunden hätte, wenn ich nochmal jünger wäre. Aber die Reifung ist deutlich zu erkennen und am Ende sind beide in ihrem Wesen gefestigt.

Auch sonst hat das Buch einige Highlights zu bieten. Das ist sicherlich auch Nebenfigur Marx, der mit Abstand die sympathische Figur und der Kleber der Geschichte war. Vielleicht würden ihn manche sogar als Hauptfigur bezeichnen, aber er war doch zurückgestellt und dennoch so wichtig, weil ohne ihn so einiges nicht funktioniert hätte. Großartig sind wie gesagt auch einige Stilelemente, wie wenn die Unterkapitel auf einmal in A und B zusätzlich unterteilt sind, um wirklich anzuzeigen, wie auseinander und parallel Sam und Sadies Leben an der Stelle sind. Am Ende ist auch das von Sam geschriebene Spiel, womit er Sadie in ein Gespräch lockt, ein echtes Highlight, weil darin so viel von der bisherigen Reise verarbeitet ist. Ich kann also wirklich nur sagen, dass Gabrielle Zevin hier etwas sehr Weitreichendes geschaffen hat.

Fazit: „Morgen, morgen und wieder morgen“ ist ein sehr komplexes Werk von Gabrielle Zevin, das in der Gesamtschau unheimlich bewundernswert ist. Mir haben nicht alle Einzelelemente gefallen und durch die 500+ Seiten musste ich mich auch manches Mal kämpfen, aber dennoch habe ich auch so viel für mich entdeckt, dass ich nur jedem raten kann, sich auf dieses Abenteuer mal einzulassen. Und für alle Gaming-Fans ist es ohnehin ein Muss!