Rezension

Für ganz Zartbesaitete eher weniger was ...

Der Junge, der Träume schenkte - Luca Di Fulvio

Der Junge, der Träume schenkte
von Luca Di Fulvio

Bewertet mit 4 Sternen

Fazit

Anfangs war ich doch sehr skeptisch, ob ich 1. so einen dicken Wälzer (781 Seiten) durchlese, wo die durchschnittliche Seitenzahl sonst bei mir als Leser zwischen 250 und 500 Seiten liegt. 2. liegt mir das Thema normalerweise nicht so, ich lese ja eher Fantasy, Science-Fiction, Thriller, etc.

Zum Cover: Das ist in der Tat ein wenig irreführend. Da steht ein lieber kleiner Junge, der um die Ecke schaut, dazu dieser verträumte Titel. Lasst euch nicht täuschen, die Geschichte hat’s faustdick in den Seiten!

Übrigens wird der Junge nur auf den ersten Seiten Natale genannt, sobald seine Mama Cetta nämlich in den USA ankommt, gibt es bei der Einwanderungsbehörde ein Missverständnis und fortan heißt der Kleine “Christmas”.

Luca Di Fulvio schaffte es, mich mit diesem Werk zu begeistern, sodass ich mir gleich von meinem streng zusammengehaltenen Weihnachtsgeld sein nächstes Buch zulegte. Trotz vieler gewalttätiger Szenen, die teilweise an Abartigkeit grenzten, dass ich Werk doch für ein paar Stunden zur Seite legen musste, ehe ich weiterlesen konnte, bin ich begeistert! Er erzählt nicht die übliche 0815-Geschichte vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird, sondern von einem Jungen, der seiner Umgebung Hoffnung gibt. Auch kommt Christmas vom richtigen Weg ab, dümpelt vor sich hin, rutscht in die Mafiaszene. Dennoch schafft er es, sich dort wieder herauszulavieren, als er bemerkt, was er da gerade tut. Angetrieben von seiner Liebe zu dem Mädchen Ruth, dessen eigene Geschichte zwischen Christmas’ Leben hier erzählt wird, arbeitet er sich wirklich schwer hoch. Auch seine Mutter Cetta spielt nach wie vor eine große Rolle für ihn, die sich in den anfänglichen Lebensjahren in dem neuen Land als Prostituierte durchbringt. Es ist keine Glamourwelt, die hier gezeigt wird, keine heile Welt, in der zwanghaft alles gut geht. Auch Bill, der Ruth am Beginn ihrer Geschichte missbrauchte, verstümmelte und verprügelte, wird weiterhin beleuchtet; man gewinnt Einblick in eine sehr dunkle Seele, will sie nicht verstehen, kommt aber nicht umhin, hinzuschauen.

Für mich ein Buch, das man gelesen haben sollte. Allerdings nur, wenn man eine außerordentliche Portion Gewalt verträgt, das ist stellenweise wirklich gar nichts für schwache Nerven. Bei mir kratzte es schon an der Grenze. Aufgrund des irreführenden Titels, Bilds und Klappentextes gibt es für diese großartige Geschichte dennoch 4 Sterne.