Rezension

Für geschichtlich Interessierte mit frankophilen Wurzeln eine geeignete Lektüre.

In tiefen Schluchten - Anne Chaplet

In tiefen Schluchten
von Anne Chaplet

Bewertet mit 4 Sternen

Der Krimi "In tiefen Schluchten" von Anne Chaplet ist der Start einer neuen Krimireihe aus dem Kiepenheuer & Witsch Verlag. Anne Chaplet ist das Pseudonym von Cora Stephan. In der wilden Landschaft des Vivarais am Fuße der Cevennen liegt ein kleines Dorf namens Belleville, seit einigen Jahren auch Tori Godons Heimat. Hier wohnt die ehemalige Anwältin, 42 Jahre alt, mit ihrem Mann Carl, der inzwischen an Krebs verstorben ist. Tori hört von ihrer Freundin, dass deren Gast, ein holländischer Höhlenforscher, der sich bei ihrer Freundin einquartiert hat, verschwunden ist. Vom alten Didier Thibon erfährt sie von sagenhaften Schätzen und Schmugglerverstecken in den Höhlen , kurz darauf wird er tot aufgefunden. Auf der Suche nach dem Holländer stürzt Tori auf dem Karstplateau in eine Felsspalte und plötzlich ist auch ihr Leben in Gefahr. Was hat der Holländer mit der Geschichte der Hugenotten zu tun, die in dieser Region einst Zuflucht fanden? Wer aus dem Dorf weiß etwas darüber?

In Anne Chaplets Buch geht es um die Hugenotten-Vertreibung im 17. Jahrhundert und um die Zeit der Résistance im zweiten Weltkrieg, die in dieser Gegend von der Bevölkerung unterstützt wurde.  

 

Zunächst hat mir der unterhaltsame Schreibstil von Anne Chaplet sehr gut gefallen. Man taucht ein in die Gegend in den Cevennen, mit ihren karstigen Gebirgen und erfährt, wie sich die Hugenotten dort im 17. Jahrhundert Glaubenskämpfe um ihren evangelischen Glauben lieferten. Die Schluchten mit ihren Höhlen waren häufig Verstecke, aber auch Bilderhöhlen aus der Altsteinzeit gibt es hier zu entdecken und mit schönen Landschaftsbeschreibungen bringt die Autorin den Leser mitten hinein in diese französische Gegend.

Erst nach einem Drittel des Buches entwickelt sich die Krimistory aus der Handlung in den Vordergrund. Vorher lernt man die Figuren und speziell die Protagonistin Tori näher kennen, erkennt ihre Einsamkeit nach dem Tod ihres Mannes Carl und taucht ein in das gezeigte französische Leben.

 

Tori ist mir sympathisch, sie findet heraus, dass ihr Mann Carl Hugenotten als Vorfahren hatte und entdeckt im Haus einige ungeahnte Hinweise mit geschichtsträchtigem Hintergrund. Doch nicht jeder empfängt sie hier in dieser Gegend mit offenen Armen. Es gibt immer noch Bewohner, die Deutsche aus Überzeugung nicht mögen.

 

Die Geschichte hat mich mitgezogen, auch wenn sie sich nur sehr langsam entwickelt. Der Schreibstil lässt sich sehr gut lesen und nicht nur Toris Suche nach dem Holländer sorgt für Spannungsmomente, denn sie gerät mehrfach in Gefahr.

 

Die Krimihandlung hätte jedoch etwas mehr Spannung vertragen können und auch das Ende hätte ich mir klarer gewünscht. Ich mochte die Figuren, den Charme der Gespräche und den Hund. Auch die Beschreibungen der historischen Vorgänge der Widerstandsbewegung finde ich gelungen, sie ergänzen die Handlung auf interessante Weise.

 

Sehr schön zu lesen, die Krimihandlung kommt spät in Gang. Für geschichtlich Interessierte mit frankophilen Wurzeln eine geeignete Lektüre.