Rezension

Für interessierte, die Hunde und hündisches Verhalten beim Menschen studieren wollen.

"Zuneigung ohne Ambivalenz" - Konstanze Zinnecker-Mallmann

"Zuneigung ohne Ambivalenz"
von Konstanze Zinnecker-Mallmann

Lieben ohne wenn und aber, das erlebt der Mensch beim Hund. Konstanze Zinnecker-Mallmann berichtet in ihrem Buch „Zuneigung ohne Ambivalenz“ - Zur Bedeutung des Hundes in der psychoanalytischen Therapie und andere Fallgeschichten, über Freud und seine Hundeliebe ebenso, wie den Hund im Faust. Natürlich steht ihr bei ihren Therapiestunden wenn nötig auch ihr eigener Hund zur Seite. Wie sie selbst auf den Hund gekommen ist, darüber schreibt sie ebenfalls.
Wer in der Literatur bewandert ist, der findet hier so manchen Schmankerl von Thomas Mann, Johann Wolfgang von Goethe oder Kurt Tucholsky, in einem vielleicht ungewohntem Rahmen.
Das hündische Verhalten in ihren Fallgeschichten wirft einen neuen Blick auf unsere Mitmenschen. Ob es die nicht erfüllte Liebe ist, die sich literarisch der Schriftsteller Heinrich von Kleist von der Seele schrieb, Freud, der sich weibliche Tiere ausgesucht hatte, wie Marie Bonaparte ihren Rüden, alles hatte und hat seine Gründe. „Des Pudels Kern“ als Redewendung zur Wahrheitsfindung ist ein Anfang. Das Hunde als Ersatz, wie die Autorin schreibt als „Replacement“, dienen, ist fast schon eine logische Konsequenz, wenn wir uns mal die Hundehalter betrachten, die uns jeden Tag über den Weg laufen. Ersatz für den Liebsten, für das fehlende Kind, für Freunde. Wortwörtlich ist der Ersatz aber auch zu nehmen, folgt doch meist ein Hund in der Familie dem nächsten. Einmal an diese bedingungslose Liebe gewöhnt, kommt man selten wieder davon ab.
Zinnecker-Mallmann versucht anhand ihrer Fallbeispiele zu erläutern, wie welche Menschen „hündisches“ Verhalten in ihrer Therapie erkennen und ein selbstbestimmtes Leben aufnehmen können. Zuerst habe ich nicht immer den Zusammenhang sehen können, was das mit Hundeliebe zu tun hat. Das liegt auch sicher daran, dass die Absätze einen zu großen Abstand zueinander haben, was mir das Lesen erschwert hat. Der Lesefluss wird dadurch gehemmt, man hat das Gefühl, jedes mal einen neuen Abschnitt zu betreten, doch hat man das Ende des einen noch lange nicht erreicht. Das fand ich hinderlich und störend bei meiner Konzentration auf die Inhalte.
Wie oben bereits erwähnt, zieht sich der rote Faden der Autorin über Freud und seiner Brieffreundschaft mit Marie Bonaparte über ihre Hunde, geht über viele Literaten hin zur Geschichte vom Käthchen von Heilbronn. Diese hündische Liebe eines jungen Mädchens gegenüber einem viel älteren Herrn grenzt an Stalking, fest davon überzeugt, er ist es und kein anderer, den sie je lieben wird und kann. Die Autorin vermischt die Geschichte von Kleist mit einem Fallbeispiel, um das eine mit dem anderen zu erklären. Beschriebene zu große Abstände zwischen den Absätzen lassen einen aber immer wieder durcheinander kommen. Eine bessere Trennung oder mehr Erklärung hätte diesem Beispiel gut getan. Im Grunde geht es um das Loslassen, um zu sich selbst zu finden.
Andere Beispiele kommen sehr viel besser daher, sind gut zu lesen und zu folgen. Wie das der „Lady Gaga“, bei der, ohne nun tief einzusteigen, ein Hund als Seelentröster für viel zu früh verstorbene Familienmitglieder wahre Wunder bewirkte. Wie ein Hund litt ein Patient, der zwischen den Welten leben muss, die eine mit festen Traditionen, Regeln und Riten, nämlich seiner vertrauten muslimischen, und unserer westlichen Welt, in die er nun mit seiner Familie lebt. Zinnecker-Mallmann beweist hier sehr viel Feingefühl und nimmt sich Zeit, um behutsam wie bei einer Zwiebel Schicht um Schicht zu schälen, zum Kern vorzudringen, um auch ihm zu einem lebenswerten Sein zu verhelfen.
Die letzte Fallstudie handelt von einer älteren Dame, einer Jüdin, die gefangen ist in ihrer Geschichte. Sich einerseits an ihren Schuldgefühlen der Überlebenden festklammert, andererseits ihre „hündische“ Abhängigkeit gegenüber ihrer Tochter zunächst hilflos ist, sich nicht lösen kann.
All diese Fälle zeigen deutlich, wie sehr wir uns nach reiner Liebe sehnen und sie vom Menschen nicht bekommen können, denn selbst der, der sich sehnt, ist nicht dazu fähig. Schicksalsschläge führen uns zu Handlungsweisen, die nicht immer gut für uns beziehungsweise für unsere Umwelt sind. Hier nun ist es der Hund, der uns spiegelt, die hündischen Verhaltensweisen, aber auch zeigt, es gibt sie, die bedingungslose Liebe.