Rezension

Für Kaffee-Fetischisten

Das Café zum Glück - Nadin Maari

Das Café zum Glück
von Nadin Maari

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ein Buch für echte Kaffee-Fetischisten, denn neben Claire spielt eindeutig der Kaffee hier die Hauptrolle. Jede Zubereitung eines immer wieder anderen Kaffees wird detailliert beschrieben, inklusive Angabe der Herkunft der Bohnen, was beim Rösten noch hinzu gegeben wurde, ob mit Handmühle gemahlen oder nicht, welchen Mahlgrad, wieviel Gramm Pulver dann in welche Kanne (Chemex, oder Kaffee-Siphon, Karlsbader Kanne, Espresso Herdkännchen, Fayence-Porzellankanne, Bayreuther Kanne, Französische Presse oder doch Espresso-Maschine?) gegeben wird und wie genau das dann dort vonstatten geht (Wasser steigt hier hin oder dorthin oder dreht noch eine Schleife, und dann kommt das Pulver dazu, und manchmal auch anders herum...). In dieser Häufung las sich das dann eher wie eine Bedienungsanleitung, und in der zweiten Hälfte des Buches habe ich diese Beschreibungen auch übersprungen. Es ist zwar toll, wenn der Autor eine passende Atmosphäre kreiert, aber hier ist es mir einfach zu "technisch" und zu viel geworden. Zumal ja auch der Rest der Geschichte ein Namedropping-Fest ist, wo alle möglichen Kaffeebohnen und Anbaugebiete von Asien über Afrika bis nach Südamerika, die Claire natürlich auch schon alle selbst besucht hat, mit ihren jeweiligen Charakteristika vorgestellt werden. Und selbstverständlich kann Claire auch über 20 Zertifikate für Öko, Bio und Fairtrade vorweisen und kennt jeden ihrer vielen Lieferanten, von denen sie dann ja eigentlich jeweils nur kleine Mengen kaufen kann, von Plantagen auf aller Welt persönlich. Die Bohnen röstet sie auch noch selbst. Ich möchte nicht wissen, wie teuer am Ende dieser unglaublich aufwendigen und auch zeitintensiven Kette einer ihrer Kaffees ist, damit sich das alles wirklich finanziell rentiert. Diese Idealvorstellung von der Kaffeewelt ist meinetwegen Liebhaberei aber kein Geschäftsmodell.

Allerdings finde ich die Idee des "Coffee to stay" statt einen schnell zum Mitnehmen wirklich gut. Auch dass sie so viele verschiedene Sorten anbietet macht das Café sicher zu etwas ganz Besonderem (auch wenn ich mir da wieder die Frage nach der Rentabilität stelle bei den hundert verschiedenen Zutaten für all ihre Kreationen). Selbst die Kuchen im "Coffee to stay" passen alle zum Thema: Macaroons à la Café au lait, Mokka-Käsekuchen, Cappuccino-Windbeutel, Espresso-Gugelhupf, Coffee-Cupcake...

Nun könnte ich über diesen Koffein-Overkill leichter hinweg sehen, wenn wenigstens der Rest der Geschichte toll wäre. Aber obwohl ich die Figur der Claire wirklich sympathisch fand, konnte mich ihre Geschichte nicht richtig fesseln. Die beiden interessantesten Details, die sonst für etwas Überraschung gesorgt hätten, werden leider schon im Klappentext verraten.
Auch bei der Figurenzeichnung gibt es Verbesserungspotential. Claires Eltern sind so überkandidelt dargestellt, dass sie nicht mehr wie erst zu nehmende Figuren sondern wie reine Karikaturen wirken. Mutters Faible für Horoskope und Aberglauben wird wirklich in jedem einzelnen Gespräch mit ihr thematisiert, und der Vater spricht selbst für einen Oberstudiendirektor a.D., Fachrichtung Geschichte und Deutsch, viel zu abgehoben. (Kostprobe: »Ich meine, dieser These kann ich durchaus etwas abgewinnen. Wenn ich jedoch an die Antithese der grundsätzlichen Verschiedenheit von Arbeit und Freizeit anknüpfe, wird es schwierig, hieraus eine sinnvolle Synthese zu ziehen. Ich meine, die Dialektik ist hier nicht sauber zielführend.« -> er antwortet damit auf den 'Vorschlag' seiner Tochter, im Haushalt wenigstens mal 2 Handschläge pro Tag zu tun). Das kauf' ich dem einfach nicht ab. Auch mit seinem unverschämten und störrischen Kleinkindgehabe wenn es um sein Frühstück geht hat mich der Vater anfangs sehr auf die Palme gebracht. Später mäßigt er sich zwar, aber die Sympathiepunkte waren leider schon verloren.

Dafür war ich beim "deheimen deheimdeschenk" am Ende durchaus gerührt, der allerletzte Schluss dann aber war leider doch wieder zu over the top! Schade eigentlich, denn auf den ersten Blick wirkte das Buch mit dem wunderschönen Cover doch sehr vielversprechend.