Rezension

Für mich ein totaler Reinfall

Flood - Stephen Baxter

Flood
von Stephen Baxter

It begins in 2016. Another wet summer, another year of storm surges and high tides. But this time the Thames Barrier is breached and central London is swamped. The waters recede, life goes on, the economy begins to recover, people watch the news reports of other floods around the world. And then the waters rise again. And again. Lily, Helen, Garry and Piers, hostages released from five years of captivity in Spain, return to England and the first rumours of a flood of positively Biblical proportions begin… Sea levels begin to rise at catastrophic speed. Within two years London and New York will be under water. The Pope will give his last address from the Vatican before Rome is swallowed by the rising water. Mecca too will vanish beneath the waves. The world is drowning. A desparate race to find out what is happening begins. And all the time the waters continue to rise and mankind begins the great retreat to higher ground. Millions could die, billions will become migrants. Wars will be fought over the mountains.

In “Flood” wird unser Heimatplanet von der großen Flut heimgesucht. Und sie schwappt nicht einfach nur einmal über uns, sondern der Meeresspiegel steigt kontinuierlich an. Ohne jemals wieder zu sinken. Dabei umfasst das Buch eine Zeitspanne von 36 Jahren.

Es beginnt alles relativ harmlos damit, dass das Wetter ein wenig verrückt spielt und es kontinuierlich regnet. Bäche und Flüsse treten über die Ufer, Straßen werden überschwemmt oder unterspült. Und eines Tages kann die Thames Barrier den Wassermassen nicht mehr standhalten und bricht. London wird überflutet. Als das Schlimmste vorbei ist geht das Leben für die Einwohner weiter – zwar mit Stromausfällen, Lebensmittelplünderungen und Trinkwasserausgabestellen, aber niemand macht sich großartig Gedanken. Auch noch nicht, als in Sydney ebenfalls die Stadt überschwemmt wird, und auch aus anderen Teilen der Welt ähnliche Berichte kommen. Erst nach und nach stellt sich heraus, dass die Wassermassen, die den Meeresspiegel steigen lassen, nicht allein auf den Wetterumschwung zurückzuführen sind und der wahre Grund für die Überflutung kommt ans Licht.

Die Idee dieses Buches finde ich toll. Endzeitszenarien sind bei meiner Lektüre sowieso immer gerne gesehen, und der Ansatz, die Menschheit zu zwingen, sich eine Arche zu bauen, ist durchaus reizvoll. Wenn Baxter nicht beim Ansatz geblieben wäre hätte es ein tolles Buch werden können…

Die Handlung beginnt im Jahre 2016. Die Hauptcharaktere werden aus ihrer Geiselhaft befreit und sehen sich nach fünf Jahren in Gefangenschaft mit einer Welt konfrontiert, die sie nicht ganz begreifen können. Nicht nur die neuen Technologien sind ihnen fremd, auch das Wetter ist nicht mehr, was es mal war. Es regnet dauernd, in London sind teilweise schon Straßen gesperrt, weil sie nicht mehr passierbar sind, und wenn es mal nicht regnet, ist es brütend heiß und schwül. Aber anstatt einer Schlechtwetterphase, die irgendwann vorbei wäre, ändert sich diesmal nicht wirklich etwas, und man kann dem Wasser fast beim Steigen zusehen.

Als in einem besonders schweren Sturm die Thames Barrier bricht und London überflutet wird können die Hauptcharaktere gerade noch fliehen. Andere haben naturgemäß nicht so viel Glück. Erstaunlicherweise schafft Baxter es aber über die gesamten 540 Seiten, nie großartig irgendwelche Todesopfer durch die Fluten zu erwähnen. Im Gegenteil, manchmal hat man das Gefühl, die gesamte Menschheit überlebt die Katstrophe und rottet sich auf den verbliebenen Stückchen Erde zusammen. Was spätestens zum Ende des Buches, wenn der Meerespiegel 2000 Meter über Normalnull liegt und nur noch winzige Reste der Kontinente übrig geblieben sind, absolut unmöglich ist.

Auch finde ich manche Handlungsteile reichlich unglaubwürdig. So trifft sich Helen im ersten Teil des Buches mit einem Mann, von dem sie sich Hilfe bei der Suche nach ihrem Baby erhofft. Es herrscht Unwetterwarnung, es regnet dauernd, die Themse hat Hochwasser. Eigentlich ein Wetter, bei dem man nicht vor die Tür gehen würde. Helen dagegen verabredet sich, auch noch direkt an der Themse, weil sie sich in London angeblich so schlecht auskennt. Also bitte!

Um auch zu zeigen, was in anderen Teilen der Welt passiert und sich nicht auf seine Hauptschauplätze zu konzentrieren (London und New York, später noch Asien) hat Baxter kurze Kapitel eingefügt, in denen Lily’s Nichte mit ihrem elektronischen Tagebuch erinnerungswürdige Dinge festhält. Diese Schnipsel sind aber so ohne Zusammenhang zum Rest der Handlung, dass sie eher störend sind. Selbst wenn menschliche Einzelschicksale dargelegt werden sind diese Unterbrechungen der Haupthandlung absolut uninteressant.

Dies hängt für mich auch mit dem größten Manko des Buches zusammen: Der Schreibstil des Autors. Ich kenne ansonsten bisher kein Buch von Stephen Baxter und weiß nicht, ob er den Schreibstil von “Flood” auch in anderen Werken pflegt. Falls ja sollte er besser Sachbuchautor werden. Denn nach Beendigung des Buches habe ich mich eher gefühlt, als hätte ich eine sachliche Zukunftsvision gelesen und nicht einen Roman. Baxter stellt alles haarklein dar, die Handlung ist oftmals einfach nur eine völlig nüchterne Beschreibung der Gegebenheiten und artet vielfach in simple Aufzählungen aus. Emotionen in jedweder Form sucht man vergeblich. Auch bei den Charakteren – ich habe noch nie ein Buch gelesen, in dem die Charaktere so blass dargestellt wurden. Man leidet nicht mit ihnen, man hofft nicht, man fiebert nicht. Dieses Buch ist ein absolutes Emotionsvakuum, und in spätestens drei Wochen weiß ich wahrscheinlich nicht einmal mehr, wie die Hauptcharaktere überhaupt hießen.

Schade, ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut, es stand schon monatelang auf meiner Wunschliste, aber es war einer der größten Reinfälle, die ich je erlebt habe.