Rezension

Für mich kein Thriller, aber ein interessantes Debüt

Ich. Bin. So. Glücklich.
von Jessica Knoll

Bewertet mit 4 Sternen

TifAni hat eigentlich alles, was man sich nur wünschen kann. Einen interessanten Job, genug Geld, einen Verlobten, der sie wirklich liebt, sieht gut aus und erweckt ständig den Eindruck sagen zu können: "Ich bin so glücklich!", aber ihre Vergangenheit lässt sie nicht los. Von unten nach ganz oben hat sie es geschafft, doch wird sie es schaffen auch "ganz oben" zu bleiben, oder wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt werden? Wird sie das "ich möchte um jeden Preis gefallen"- Verhalten ablegen können und endlich vernünftig für sich einstehen können, oder sich weiterhin nur um Status bemühen, ohne sie selbst zu sein?

Ani ist die scheinbar perfekte, glückliche Frau. Sie zu erreichen scheint auf den ersten Blick erstrebenswert, weil sie alles hat, was in unseren Zeiten wichtig erscheint. Geld, Familie und berufliches Prestige, aber in ihr sieht es ganz anders aus. Sie unterliegt dem ständigen Zwang zu tun, was von einer erfolgreichen Frau erwartet wird. Schon als Jugendliche wollte sie nur beliebt sein, verleugnete sich selbst, um in einem guten Licht zu stehen, bis zur Selbstaufgabe. Zu Beginn hatte ich meine Schwierigkeiten ins Buch reinzukommen, denn die Geschichte spielt auf zwei verschiedenen zeitlichen Ebenen, die nicht klar voneinander abgegrenzt sind. Außerdem war mir die Protagonistin extrem unsympathisch und ich konnte ihre Einstellungen zum Leben nicht teilen, zunächst auch nicht im Ansatz nachvollziehen. Sie scheint einfach nur eine verwöhnte Zicke zu sein, die nur den Schein wahren will. Das möchte sie auch die ganze Zeit über, aber nach und nach werden ihre Motive und vor allem ihre Ängste nachvollziehbar. Nach den ersten rund 100 Seiten, die mich recht wenig begeistern konnten, kam mit der Zäsur im Buch auch die Wende für mich. Plötzlich konnte ich das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen, weil ich wissen wollte, wie die Geschichte weitergeht, wie TifAni zu Ani wurde und was sie in ihrer Jugend erlebt hat, um zu einem solchen Menschen zu werden. Ich möchte hier nicht zu viel verraten, um anderen Lesern den Spaß am Buch nicht zu nehmen, jedoch kann ich sagen, dass die Aufarbeitung des schrecklichen Ereignisses interessant gelungen ist...und mit der Zeit wurde mir die in Wahrheit arme und zutiefst unglückliche Frau, die den Leser an ihren wahren Gefühlen teilhaben lässt, etwas sympathischer.

Cover und Titel passen einfach perfekt zur Geschichte der innerlich zerrissenen jungen Frau. Der Schreibstil war recht flüssig, aber wie oben erwähnt waren manche Zeitsprünge problematisch und auch der eine oder andere Gedankengang, der aus dem Nichts zu kommen schien, unterbrach den Lesefluss.

Unter dem Strich ein gelungenes Debüt, dem man eine Chance geben sollte. Von einem Thriller würde ich hier jedoch nicht wirklich sprechen.