Rezension

Für mich leider zu kurz und einfach gehalten

Legend 02. Prodigy - Marie Lu

Prodigy
von Marie Lu

Nach den rasanten Geschehnissen am Ende von Legend sind Day und June auf der Flucht. Ihr Ziel ist Las Vegas, dort wollen sie bei den Rebellen unterkommen und dann sehen, wie es weitergeht. Doch die Rebellen haben ganz eigene Pläne, Hilfe gibt es nur, wenn die beiden auch bereit sind, etwas dafür zu tun. Der Elector Primo ist gestorben, an seine Stelle ist sein Sohn Anden getreten. Und hier kommen Day und June ins Spiel, sie sollen den neuen Regenten aus der Welt schaffen...

Mein Eindruck
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"Legend" war letztes Jahr einer der am meisten gehyptesten Dystopien, bereits im Original und später auch auf Deutsch. Mich hatte gestört, dass es Marie Lu auf den 300 Seiten auch gar nicht gelingen konnte, eine plausible Welt mit lebendigen Charakteren zu schaffen. Day und June sind wahnsinnig jung, dennoch können sie alles, wissen alles und sind die größten Helden ihrer Nation. Ich hatte mir gewünscht, dass es in "Prodigy" etwas realistischer zugehen würde, dass mir die Charaktere mehr ans Herz wachsen und sich bei mir doch noch Begeisterung für die Reihe einstellt.

Las Vegas ist ein neuer Schauplatz, aber leider nur von kurzer Dauer. Man wird etwas mehr in die Struktur der Rebellen (Patriots) eingeführt und erfährt, dass die aktuelle Regierung auf der Kippe steht. Day und June sollen diejenigen sein, die Anden in den Abgrund stoßen und einen Neubeginn der Republik ermöglichen. Schon zu Beginn konnte ich mich überraschenderweise leicht wieder in die Geschichte hineinfinden, schließlich ist "Legend" bei mir schon eine Weile her. Doch gerade als June und Day ihre Mission antreten machte sich bei mir über lange Strecken Langeweile breit. Bis zum wirklichen Attentat passiert so gut wie nichts. Gespräche, über Gespräche und Gespräche.

In dieser Zeit sind Day und June getrennt, verschiedene Leute versuchen, Zweifel an ihrer Beziehung zu sähen. Mir ist auch nicht so ganz klar, was die beiden eigentlich anzieht. An sich gesehen, passen sie überhaupt nicht zusammen. June ist unheimlich pflichtbewusst und gewissenhaft, dabei sind ihre Gefühle immer unterdrückt. Sie hat in etwa so viel Leidenschaft in sich, wie ein Strohhalm. Day dagegen entscheidet aus dem Bauch heraus und will in erster Linie etwas verändern, leidenschaftlich tritt er für die Menschen seines Landes ein. Wann sind sie denn mal bitte einer Meinung? Im Laufe des Buches wird deutlicher, dass ihre Ziele und Träume schwer zusammenpassen und das Ganze zu Konflikten führt. Das hätte ich ihnen am Anfang auch schon sagen können!

Erst mit dem Tag des Attentats kam für mich Schwung in die Geschichte. Hier kamen Action, Wendungen und rasante Szenenwechsel ins Spiel. Weshalb so viel Vorgeplänkel? Das Buch ist so und so schon kurz. Für mich ist und bleibt es das Hauptproblem, dass die Bücher zu knapp und einfach gehalten sind. In "Prodigy" erfährt man zwar endlich mehr über das System und die Kolonien, doch auch das in aller Kürze, wirkliche Atmosphäre konnte sich da für mich nicht aufbauen. Die Charaktere sind außerdem viel zu jung, gemessen daran, dass sie schiere Alleskönner sind. Und dann kommt noch die unsterbliche Liebe innerhalb weniger Wochen dazu. Glaubhaft ist für mich leider etwas anderes.

Das Ende könnte Fans der Reihe auf die Palme bringen. Als Cliffhanger würde ich es direkt nicht bezeichnen, weil alle Handlungen an sich abgeschlossen sind. Aber es bringt neue Erkenntnisse ans Licht und lässt den Leser ein wenig im Regen stehen. Na immerhin erscheint der letzte Teil im Original schon im November, für die deutsche Ausgabe wird die Wartezeit wohl wieder länger sein.

Fazit
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Mit Marie Lu und mir ist es eine schwierige Sache. Ihre Bücher sind einfach zu lesen, haben einfache Prinzipien, können mich aber nicht wirklich berühren. Einmal liegt es daran, dass die Charaktere viel zu große Superhelden sind, um als 15-jährige Teenager durchzugehen. Insgesamt gesehen sind die Bücher auch viel zu kurz, um Weltgestaltung und Atmosphäre herüberzubringen. Diesmal hat mir die Geschichte auch zu lange gebraucht, um in Fahrt zu kommen, dafür hat es mich dann bis zum Ende ganz gut unterhalten. Das Ende hat mir fast noch am besten gefallen und das Buch für mich gerettet. Mein Interesse ist geweckt, ich werde es wohl auf einen letzten Versuch ankommen lassen.