Rezension

Für mich noch verbesserungswürdig

Der dunkle Schwarm -

Der dunkle Schwarm
von Marie Grasshoff

Bewertet mit 4 Sternen

Nach "Neon Birds" hatte ich mich unglaublich auf das neue Buch der Autorin gefreut, die mich erst für Sci-fi begeistern konnte.

Meinung: Schon von Seite 1 an wird die Spannung aufgebaut und bleibt dann auch immer erhalten. Zwischendurch hat man das Gefühl, dass die Geschichte auf Hochspannung steht, so wie Ereignis auf Ereignis aneinander prahlt und keine Zeit zum Verschnaufen bleibt.
Das tut der Geschichte leider zum Ende hin gar nicht gut. Man hat eher den Eindruck, als würde durch gerusht werden. Es tauchen irgendwelche Personen ohne jegliche Erklärung auf. Man fühlt sich schon etwas betrogen am Ende.

Dabei schien das Buch anfangs echtes Potenzial zum Jahreshighlight zu haben. Etwa weil ich persönlich Detektivgeschichten, die abenteuerliche Suche nach dem Mörder und das Aufdecken der Wahrheit einfach mag.
Größtenteils war das ja auch der Fall.

Der Schreibstil z.B. macht es einem leicht, der
Handlung zu folgen. Es gibt wirklich kaum Erklärungen, schwierig bei einem Sci-fi Buch, denkt ihr jetzt vielleicht. Aber ich fand, man kam auch so ganz gut mit den neuen Begriffen und dem Aufbau der Welt klar. Es hat sich alles nach und nach ergeben und man konnte es sich letztlich selbst draufkommen.

Denn Atlas' Welt unterscheidet sich im Kern nicht großartig von unserer. Es gibt Androiden, technische Entwicklungen in Kommunikation und mehr. Doch dafür wurde die Gesellschaft weiter auseinander gerissen. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist größer als den je. Megafirmen kämpfen gegen rebellische Umweltaktivisten. Das kommt einem schon bekannt vor und macht natürlich Sinn.

Deswegen konnte ich Marie Grasshof die Geschichte in vielen Punkten auch abnehmen. Schwierig wurde es dann nur bei den Charakteren. Atlas als Protagonistin hatte sich anfangs als richtig stark und wenig empathisch gezeigt. Sie selbst gehört zur ärmeren Schicht und verdient sich in einer Welt voll Gewalt das Geld mit Gedanken lesen. Dabei nimmt sie nie Rücksicht auf andere... bis sie auf Noah trifft.
Bei ihm wirft sie aufeinmal all ihre Prinzipien und Regeln über Bord, nur weil sie ein "gutes" Gefühl bei ihm hat. Sry aber bei jemandem mit dem Hintergrund und den Erfahrungen die sie machen musste, ist diese Umwandlung von ihrer Persönlichkeit einfach nicht abnehmbar.

Dabei ist Noah eigentlich ein super lieber Typ und mir auch sehr sympathisch. Nur hat er für mich leider gar nicht in Atlas' Geschichte gepasst. Er gehörte einfach nicht in ihre Welt, hatte wenig Einfluss auf die Geschehnisse und ist scheinbar nur da, um Atlas irgendwie zu bekehren. Bis zum Ende hin finde ich ihn eher nutzlos für die Handlung, weswegen sein Charakter leider ziemlich blass bleibt.

Aber es gab auch Charaktere, wie etwa Julien o. Lora, die ich sehr mochte. Vorallem der Android hat sich in mein Herz geschossen und er wirkt mal so gar nicht wie eine Maschine. Leider erkennen nicht viele Menschen diesen Wert an und ich würde mir wünschen, dass die Androiden dahingehend eine größere Rolle spielen. Haben sie in etwa eine eigene Persönlichkeit? Damit nicht sogar eine Seele, ein Leben und eben auch ein Recht auf dieses? Es wäre ziemlich cool, wenn das noch in Richtung Detroit: Become Human abgedriftet wäre. Weil gerade hier die Androiden weniger als willenlose Maschinen dargestellt werden.

Wie wohl viele bin auch ich vom Ende mehr enttäuscht und fühle mich schon etwas verraten. So viele offene Fragen, kein zufriedenstellendes Ende und alles passiert so schnell... Ich finde man hätte das einfach besser lösen müssen, die Handlung vielleicht etwas langsamer runter erzählen können, sodass die Geschichte etwas glatter wirkt.

Fazit: Alles in allem hatte ich mit dem Buch eine schöne Zeit. Jedoch gibt es einige Stellen, an denen man nochmal nachhaken sollte und die so nicht der Leistung entsprechen, die die Geschichte hätte erzielen können. Ich glaube schon, dass die Reihe das Potenzial hat und je nachdem, wie die Folgebände werden, könnte sich meine Meinung zum ersten auch noch mal verändern. Bis dato war das Buch definitiv lesenswert, aber eben auch stark verbesserungswürdig.